Gewitter

Finanz-Ausblick: Einfach mal das Gegenteil machen?

Stephan Lehmann-Maldonado
Stephan Lehmann-Maldonado

Bern,

Es ist wieder Hochsaison für Wirtschafts-Prognosen. In den letzten zwei Jahren lagen diese voll daneben. Wie sollen wir unsere Finanzen jetzt ausrichten?

Finanzen
Konjunkturprognosen sind schwieriger als Wettervoraussagen. nau.ch-Finanzexperte Stephan Lehmann-Maldonado fragt sich, ob die Meinungsmacher auch für 2024 daneben liegen. - Depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • In den letzten Jahren traf das Gegenteil der Konjunkturprognosen ein.
  • Düstere Prognosen für 2024 sind kein Grund, Trübsal zu blasen.
  • Tipp: Vorerst nach dem Motto «The trend is your friend» investieren.

Damit hat kaum jemand gerechnet: 2023 geht als guter Aktienjahrgang in die Geschichte ein, obwohl uns fast alle Prognosen auf Tränen und Trübsal getrimmt hatten. Es ist wie ein Déjà-vu: Schon vor Jahresfrist rieben wir uns verwundert die Augen: 2022 hatte sich nämlich als «annus horribilis» erwiesen, trotz aller optimistischer Voraussagen.

Mit anderen Worten: In zwei aufeinanderfolgenden Jahren lag das Gros der Analysten diametral daneben.

Wann gewittert es bei den Finanzen?

Jetzt haben die Auguren wieder Hochsaison. Der Grundtenor für 2024 lautet, dass wir uns vorerst auf Gewitter an den Börsen einstellen und uns mit bilanzstarken Qualitätstiteln wappnen sollten. Dürfen wir den Finanz-Spezialisten dieses Mal Glauben schenken?

Schlechtes Wetter anzukünden ist grundsätzlich nie falsch – es fragt sich nur, wann es kommen soll. Der legendäre britische Ökonom John Maynard Keynes (1883 bis 1946) ging ziemlich hart ins Gericht mit seiner Zunft. Ökonomen tragen zwar sämtliche verfügbaren Wirtschaftsdaten musterschülerhaft zusammen, um daraus Prognosen abzuleiten. Doch die Realität ist komplexer als ihre Modelle und entwickelt sich ungleich dynamischer. «Die Märkte können länger irrational bleiben, als wir liquide bleiben», sagte Keynes sinngemäss.

«Glorreiche Sieben» dominieren Börsen-Party

Betrachten wir nun, was das für die aktuelle Börsenlage bedeutet. Hinter dem überraschenden Aktienboom im ausklingenden Jahr steckt zu einem grossen Teil die Euphorie rund um die Künstliche Intelligenz. Das zeigt das US-Börsenbarometer S&P 500. Klammert man hier die Überflieger Microsoft, Apple, Amazon, Meta, Alphabet, Tesla und Nvidia aus, weist der Index für 2024 nur noch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 15 aus – was einer eher günstigen Bewertung entspricht. Schnäppchenjäger können somit noch Beute finden.

Das positive Momentum ausnutzen

Wie lange dauert die Party der «glorreichen Sieben» der Hightech-Welt noch an? Kühlt sich die Konjunktur entgegen mancher Prognosen nicht ab, könnte diese eine weitere Runde feiern. Fundamentale Daten allein vermögen die Stimmung der Marktteilnehmer kaum zu dämpfen. Darum könnte es für Anlegerinnen und Anleger ein Versuch wert sein, einfach mal alle Analysen beiseitezuschieben – und stattdessen schlicht nach der Finanz-Weisheit «The trend is your friend» zu investieren. Solange, bis das positive Momentum ins Negative dreht.

Investieren Sie in Aktien?

Dann bitte rasch aussteigen und Gewinne mitnehmen. Ansonsten gilt, was John Maynard Keynes ebenfalls schon gesagt hat: «Ändern sich die Tatsachen, ändere ich meine Meinung.» Hoffentlich schnell genug.

Zum Autor

Stephan Lehmann-Maldonado bringt zwei seiner Steckenpferde zusammen: die Faszination fürs Wirtschaftsgeschehen und jene für klare Kommunikation. Schon während seines Finance-Studiums an der Universität Zürich hat er für Wirtschaftsmedien geschrieben und später sein Wissen in der Bankpraxis und beim Unterrichten von Lernenden vertieft. Heute führt er eine kleine Kommunikationsagentur.

Finanzen Stephan Lehmann-Maldonado
Finanzexperte Stephan Lehmann-Maldonado. - zVg

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