Digitales Schulmagazin: Der Anfang und das Ende der Postkutschenzeit
Im Rahmen eines Pilot-Projekts zwischen der Schule Rheinwald und Nau.ch schreibt ein Schüler über den Anfang und das Ende der Postkutschenzeit im Rheinwald.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Poskutschenzeitalter vom Anfang bis zum Ende.
- Das Zeitalter der Postkutschen erkärt.
- Erstes Postauto im Rheinwald 1922.
Jean François Tschopp ist Stiftungsratspräsident im Walserama.
Die «Untere Commercial – und Kutschenstrasse» führte von Chur nach Bellinzona oder über den Splügenpass nach Chiavenna. Sie wurde für den Warentransport und Personentransport (Kutschen) gebaut. Erst 1922 wurde sie auch vom Postautodienst verwendet.
Der Splügenpass wurde früher «Splügaberg» genannt. Den San Bernardinopass hingegen nannte man «Vogelberg», weil dort viele Zugvögel drüberflogen.
Die ersten Postkutschen im Rheinwald
Die ersten Kutschen im Rheinwald gab es nach dem Bau der Commercialstrasse vor 200 Jahren. Erster Postautobetrieb über den San Bernardino im Jahre 1922.
Eine Kutschenfahrt war teuer. Es konnten sich nur reiche Touristen so etwas leisten. Man bezahlte etwa den Wert von 100 Litern Milch für eine Kutschenfahrt von Nufenen nach Chur. Die Einheimischen wanderten demzufolge von Nufenen bis nach Chur oder Bellinzona und zurück.
Die Bauart der Postkutschen wurde in der Schweiz von der Regie in Bern vorgeschrieben. Alle Postkutschen gleicher Grösse sehen deshalb sehr ähnlich aus.
So, wie es heute für Autos Namen gibt, zum Beispiel VW Käfer, gab es früher auch solche Namen für Kutschen. Coupé wäre das heutige Cabriolet.
«Die Postkutschen haben uns die Zeit ins Rheinwald gebracht», sagt Herr Tschopp. Die Einheimischen konnten sich nach der Uhr des Postillons richten, so wurde die genaue Zeit auch auf die Kirchturmuhren übertragen.
Von Splügen nach Campodolcino im Val San Giacomo in Italien dauerte die Fahrt sechs Stunden. Die Rückfahrt dagegen dauerte sieben Stunden. Die Auffahrt auf der italienischen Seite war beschwehrlicher.
Christian Lorez hat miterlebt wie Postkutsche funktionierte
Christian Lorez (86 Jahre alt, aus Hinterhein, GR) hat als Kind miterlebt, wie das Reisen mit der Postkutsche funktionierte.
Eine grosse Kutsche wurde mit vier bis acht und eine kleine Kutsche mit zwei bis vier Pferden eingespannt. Die Fahrt führte von Splügen bis nach Hinterrhein, dann über den San Bernardinopass nach San Bernardino.
In den grossen Kutschen hatten sechs bis acht Personen Platz. «Wenn sie nicht zu dick waren», witzelt Herr Lorez. In die kleinen Kutschen passten maximal vier Personen rein. Am Ende des Zeitalters der Kutschen und beim Aufkommen der ersten Autos wurden nur noch die kleinen Kutschen verwendet.
Das Leben eines Kutschers
Im Winter mussten die Kutscher mit den Schlitten fahren. Wenn es aper war, dann fuhren sie mit der Kutsche.
Im Herbst war ein Stück der Passstrasse aper und ein Stück mit Schnee bedeckt. So mussten sie von den Kutschen auf die Schlitten umspannen.
Die Kutschen und Schlitten wurden immer von Pferden gezogen. Ab und zu liefen Bauern mit Ochsen vorne her, um den Schnee auf dem Weg für die Pferde niederzustampfen.
Bei der Postkutsche sassen der Postillion und der Kondukteur auf dem Kutschbock vorn und die Passagiere in der Kutsche.
Am Morgen um drei Uhr begann der Tag eines Kutschers mit dem Füttern der Pferde. Nach dem Frühstück spannten die Kutscher die Pferde ein und fuhren nach Splügen. Am Abend kamen die Kutscher spät nach Hause. Sie mussten noch die Pferde striegeln, füttern und danach den Stall machen.
Das erste Postauto im Rheinwald
Am Ende des Postkutschenzeitalters fuhr schon das erste Postauto von Splügen nach Hinterrhein. Die Postkutschen mussten also nur noch über den San Bernardinopass fahren.
Das erste Postauto konnte vielleicht maximal 40 km/h schnell fahren.
Wenn die Postschlitten Pakete transportierten, hängten sie einen Anhänger an und legten die Pakete dort hinein.
Die Postkutschen hatten genügend Platz für Postsachen, wie Briefe und Pakete. Auch für die Koffer der Passagiere war genügend Platz auf dem Dachständer der Kutsche.
Es dauerte bei gutem Wetter etwa zwei Stunden, um mit einer Kutsche über den San Bernardinopass zu fahren. Bei schlechtem Wetter ging es noch länger.
Um 1941 war das Zeitalter der Postkutschen zu Ende. Im Avers fuhren sie später noch mit kleinen Kutschen, weil die Strassenverhältnisse dort länger schlecht waren.
Erstes Postauto in Graubünden
1922 fuhr das erste Postauto planmässig über den San Bernardinopass. Im Kanton Graubünden gab es zuerst ein Fahrverbot für die Autos. Erst 1925 wurde das Autoverbot im Bündnerland aufgehoben. Das Fahrverbot wurde im Kanton so lange aufrechterhalten, um die Rhätische Bahn und Transportfuhrfirmen nicht zu konkurrenzieren.
Das erste Postauto war ein umgebauter Militärlastwagen.
Nach dem Ende der Kutschenzeit wurden die meisten Kutschen zusammengeschlagen und verbrannt, deshalb gibt es leider nur noch wenige Kutschen. Im Walserama stehen eine kleine Postkutsche, private Kutschen und auch Post- und private Schlitten für den Winter. Eine grosse Postkutsche haben sie leider noch nicht in der Ausstellung.
Die kleine, gut erhaltene Postkutsche gehört Erika Hössli. Sie war lange Zeit im Nachbartal Schams, bis sie ins Rheinwald zurückgeholt wurde.
Die erste Postautomarke war ein Saurer aus Arbon.
Das Postauto ist der Nachfolger der Postkutsche.