Gab es Heidi wirklich?
Weltweit hat wohl kaum ein Buch die Vorstellung von der Schweiz so geprägt wie Heidi. Doch gab es tatsächlich eine Heidi oder ist sie rein fiktiv?
Das Wichtigste in Kürze
- Maienfeld lockt Outdoor-Fans aus aller Welt als Heididorf an.
- Vor allem in Japan ist Heidi ein unglaublicher Renner.
Über 50 Millionen Mal hat sich Johanna Spyris Erzählung um die kleine Heidi weltweit verkauft. Es ist damit das erfolgreichste Schweizer Buch aller Zeiten.
Wie kaum ein anderes Buch hat es in fernen Ländern die Vorstellung von der Schweiz und ihrer Outdoor Welt geprägt. Doch wer oder was steckt eigentlich hinter Heidi?
Ein unterschätzter Roman
Heidi erschien erstmals 1879 in Romanform. Die zu diesem Zeitpunkt 53-jährige Johanna Spyri hatte bereits in mehreren Städten gelebt.
Sie war ab 1875 als Stadtschreiberin in Zürich tätig. Hier verfasste sie nach mehreren Romanen für Erwachsene ihre ersten Kinderbücher. Ihren grössten Erfolg feierte sie mit «Heidis Lehr- und Wanderjahre».
Es handelt sich jedoch nicht nur um eine romantische Verklärung der Schweizer Outdoor-Welt, wie es oft wirkt. Tatsächlich verarbeitete die Autorin auch die rasante Industrialisierung, die sie in den Städten beobachtet hatte. Bei Heidi spiegelt sich das vor allem in ihrer Zeit in Frankfurt wider, wo das Mädchen enorm unglücklich ist.
Sehr subtil zeigt Spyri aber auch die positive Wirkung der modernen Stadt auf. Die nun gebildete Heidi kehrt ins Dörfli zurück. Hier kann sie das Leben der rückständigen Menschen auf der Alm verbessern. So überredet sie beispielsweise Peter dazu, wieder die Schule zu besuchen.
Gab es wirklich eine Heidi?
Ein lebendes Vorbild für Heidi gab es nicht. Allerdings spiegeln sich in Heidis frühem Leben viele Erfahrungen ihrer Schöpferin wider. So war Johanna Spyri im idyllischen Dorf Hirzel auf dem Zimmerberg am Zürichsee aufgewachsen. Mit 15 Jahren – also etwas älter als Heidi – verliess sie ihr Dorf und zog zu ihrer Tante nach Zürich.
Hier in der Stadt sollte sie die Schule besuchen. Zwei Jahre in einem Pensionat in Yverdon folgten, um Französisch zu lernen, ehe sie schliesslich nach Hirzel zurückkehrte. Hier blieb sie, bis sie im Alter von 22 Jahren den Juristen Bernhard Spyri heiratete und wieder nach Zürich zog. Es liegt also auf der Hand, dass sie die Unterschiede zwischen Hirzel und Zürich literarisch verarbeitete.
Heidi als touristische Goldgrube
Dem Ort Maienfeld im Kanton Graubünden hätte Johanna Spyri wohl keinen grösseren Gefallen tun können. Das sogenannte Heididorf bei Maienfeld lockt laut Betreiber jährlich rund 150'000 Besucherinnen und Besucher aus aller Welt an. Sie finden hier eine reale Variante des Dörflis und können Outdoor herumstreifen wie Heidi und Peter mit ihren Geissen.
Familien mit Kindern kommen kaum umhin, Heidikostüme und andere Souvenirs zu kaufen. Doch selbst Zyniker kommen auf ihre Kosten. Das fiktive Heididorf und die Hütte des Alpöhi vermitteln nämlich durchaus interessante Einblicke in das dörfliche Leben im späten 19. Jahrhundert.
Heidi vor allem in Japan Kult
Japan hat einen nicht unwesentlichen Anteil an der Hype um Heidi. Schon 1920 wurde das Buch erstmals auf Japanisch übersetzt, doch es war die Zeichentrickserie aus den 1970er Jahren, die Furore machte. Als sie Deutsch synchronisiert wieder in die Schweiz zurückkehrte, war es für viele Kinder der erste Kontakt mit der japanischen Kunstform Anime.
Neben der Serie, welche der damals noch junge Hayao Miyazaki schuf, existieren zahlreiche weitere Animes, Mangas und Bücher.
Und so prägt Heidi bis heute das japanische Bild der Schweiz. Bei einer Europareise darf der Stopp im Heididorf auf keinen Fall fehlen!