Doch keine Pille für mehr Intelligenz bei Menschen mit Down-Syndrom

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Basel,

2010 begann der Pharmakonzern Roche eine ganz besondere Pille an Menschen zu testen: «Basmisanil» sollte Menschen mit Down-Syndrom intelligenter machen. Doch die Studie wurde abgebrochen.

Unterstützungbedarf
Menschen mit Unterstützungsbedarf zu helfen ist ein wichtiges Thema. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Weil Menschen mit Down-Syndrom das 21. Chromosom 3-fach haben, ist am 21.3. Welt-Down-Syndrom-Tag.
  • Weil Roche an einer Pille forschte, die Menschen mit Trisomie 21 intelligenter machen sollte, hat Nau nachgefragt.
  • Die Studie zum Wirkstoff «Basmisanil» wurde eingestellt – er war nicht (genug) wirksam.
  • Unerwünschte Nebenwirkungen soll es keine gegeben haben.

Heute ist Welt-Down-Syndrom-Tag. Denn bei Menschen mit Trisomie 21, wie das Down-Syndrom offiziell heisst, ist das 21. Chromosom 3-fach vorhanden.

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Ausstellungsbegleiterin Pascale Sträuli im Interview - Nau

Gaba im Ungleichgewicht

Ein Chromosom mehr zu haben, hat für die Betroffenen vor allem kognitive Folgen: Sie lernen weniger schnell, haben oft mehr Mühe, sich zu erinnern. Schuld daran ist das dritte Chromosom 21, das sich nicht einfach so entfernen lässt.

Schuld daran ist aber auch, davon gehen Forscher aus, der Botenstoff Gaba, der wegen der durch die Trisomie in ein Ungleichgewicht gerät und so Lernfähigkeit und Gedächtnisleistung hemmt. «Als ob jemand im Gehirn stets auf die Bremse treten würde», erklärt das Jana Noeldeke (45) in einem Interview.

Leben mit Trisomie 21

Noeldeke leitete beim Pharmakonzern Roche die «Clematis»-Studie. Roche wollte eine Pille entwickeln, die Menschen mit Trisomie 21 hilft, schneller zu denken und besser zu erinnern. Möglich machen sollte das der Wirkstoff «Basmisanil».

Nau war im Zentrum Paul Klee, wo Menschen mit Down-Syndrom durch eine Ausstellung zur Trisomie 21 führen. Sehen Sie das Gespräch im Video.

Projektleiterin Jana Noeldeke (45)
Projektleiterin Jana Noeldeke (45) - LinkedIn

Studie an Mäusen und Kindern

Bei Mäusen hatte man damit gute Ergebnisse erzielt. 2010 begannen die Studien an jungen Erwachsenen (18 bis 30) mit Down-Syndrom. Tatsächlich aber interessierten vor allem die Kinder. Je jünger und formbarer das Gehirn, desto besser der Effekt - davon gingen Forscher aus.

Schrittweise überprüfte man Nebenwirkungen und Sicherheit des Medikaments. Weitete die Studie auf Jugendliche (12 bis 17) aus. 2016 begannen in den USA die Tests bei Kindern (6 bis 11).

Die Pille löste Diskussionen aus: Wird sich mit der Gehirnleistung auch der Charakter verändern? Warum nimmt man Menschen nicht einfach so, wie sie sind? Aber auch: Muss nicht jeder Mensch die Chance haben, das Beste aus sich heraus zu holen?

Die Diskussionen nahmen ein jähes Ende, als Roche die Studie im Sommer abbrach. Warum?

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Der Basler Roche Turm – das Wahrzeichen von Roche. - Keystone

Die Pille wirkt nicht

«Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen denen, die das Medikament einnahmen und der Placebo-Gruppe», erklärt Anja von Treskow, Sprecherin Roche. Auch zwischen den Testgruppen waren keine Unterschiede zu messen.

«Die Einstellung der Studien erfolgte nicht aus Sicherheitsgründen, da Basmisanil in den Studien sicher und gut verträglich war», erklärt von Treskow.

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