Basler Altlasten: Erneuter Giftalarm im Klybeck!
Das Grundwasser enthalte zu viel «gefährliches» o-Benzidin, sagen die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz. Die Organisation fordert eine Sanierung.

Das Wichtigste in Kürze
- Im Basler Klybeck soll zu viel o-Benzidin im Grundwasser enthalten sein.
- Davor warnen die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU).
- Die Organisation hält daher weitere Altlasten-Sanierungen für nötig.
- Der Kanton weist die Vorwürfe zurück.
Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) haben im Klybeck, wo die chemische Industrie angesiedelt war, offenbar den krebsauslösenden Stoff o-Benzidin im Grundwasser gefunden.
Sie stützen sich dabei auf die Auswertung der Analyseergebnisse des Amts für Umwelt und Energie Basel-Stadt. «Im Klybeck dürften somit weitere Sanierungen gemäss Altlastenverordnung anstehen», schreiben die AefU am Mittwoch in einer Mitteilung.

Geschäftsführer der Umweltorganisation ist Martin Forter. Der Altlastenexperte hat in einem Text, der kürzlich im neunten Band der Basler Stadtgeschichte erschienen ist, brisante Aussagen zum Klybeck gemacht.
Zu «OnlineReports» sagte Forter: «Angesichts der Funde am Unteren Rheinweg und beim Ackermätteli kann man davon ausgehen, dass es im Klybeck an weiteren Stellen Chemiemüll hat.»
Kritik an Behörden
Die AefU kritisieren den Kanton und die Eigentümerinnen des Areals, die Rhystadt AG und die Swiss Life AG. Die Behörden hätten die Grenzwertüberschreitung ignoriert. Die AefU hätten SP-Regierungsrat Kaspar Sutter, Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU), im Juli 2024 eine Liste ausgehändigt, aus der diese Information hervorgehe. Dies im Beisein von Matthias Nabholz, dem Chef des Amts für Umwelt und Energie (AUE) Basel-Stadt.
Rhystadt und Swiss Life haben an ihrer Medienkonferenz vom 18. März 2025 über den «aktuellen Kenntnisstand» der Belastungen informiert. Die AefU wirft den beiden Eigentümerinnen des ehemaligen Chemieareals vor, an diesem Anlass die Problematik mit dem krebserregenden o-Benzidin verschwiegen zu haben.
Sie hätten lediglich festgehalten, dass es «nur eine sanierungspflichtige Altlast» gemäss Altlastenverordnung gebe, nämlich ein Chlorbenzolschaden im Areal 3.
Vorläufiger Grenzwert
Weil in der Altlastenverordnung ein Grenzwert für o-Benzidin fehlt, habe das Amt für Umweltschutz und Energie des Kantons Basel-Landschaft das Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe GmbH sowie die Econetta AG beauftragt, einen solchen herzuleiten.
Beide Spezialisten seien auf rund 1,5 Nanogramm pro Liter Grundwasser gekommen. «Das ist fast nichts», kommentieren die AefU.
Es handle sich dabei um einen vorläufigen Grenzwert, zumal das Bundesamt für Umwelt diesen noch nicht bewilligt habe. «Er wurde allerdings nach allgemein gültigen, toxikologischen Kriterien hergeleitet und ist deshalb auch für das Klybeck anwendbar», schreiben die AefU.

Dort verdopple er sich gemäss der Altlastenverordnung, «weil kein Trinkwasser gefährdet ist». Damit belaufe sich der Grenzwert im Klybeck auf 3 Nanogramm pro Liter Grundwasser.
Die Umweltorganisation weist darauf hin, dass im Unteren Rheinweg jedoch eine Konzentration von 3,8 Nanogramm pro Liter Grundwasser gemessen worden sei.
Dies zeige eine Auswertung der Datenbank «Umweltanalyse Grundwasser» des Kantons Basel-Stadt durch die AefU.
Kanton reagiert auf Vorwürfe
Das WSU weist die Vorwürfe der Umweltorganisation zurück. Das Umweltlabor des AUE führe regelmässig Grundwasser-Untersuchungen im Abstrombereich an den Arealgrenzen durch, sagt Sprecherin Sonja Körkel. Die Resultate würden auf dem kantonalen Datenportal veröffentlicht.
Beim Benzidin habe das AUE ausserhalb des Industrieareals Klybeck noch nie eine Überschreitung des Grenzwertes von 3,0 Nanogramm pro Liter nachweisen können. Die nächsten Messungen würden im Mai 2025 durchgeführt.

Körkel bestätigt, dass im Januar 2024 an einer Entnahmestelle o-Benzidin mit einem Wert von 3,8 Nanogramm pro Liter nachgewiesen worden sei. Deshalb habe man im Mai 2024 an gleicher Stelle eine weitere Untersuchung durchgeführt: «Bei dieser konnte kein o-Benzidin mehr nachgewiesen werden.»
Die WSU-Sprecherin betont zudem, dass ein einmaliger Befund «nie» für eine Klassifizierung reiche. Einzelne Analyseresultate stellten lediglich eine Momentaufnahme dar, weshalb sie auf Plausibilität geprüft und verifiziert, also mehrfach gemessen, werden müssten.
Zurzeit laufen technische Untersuchungen auf dem ehemaligen Industrieareal Klybeck. «Sollte es dabei zu neuen Beurteilungen kommen, würde das AUE weiterführende Massnahmen verfügen und den kantonalen Kataster der belasteten Standorte entsprechend anpassen», sagt Körkel.
Laufende Verfahren
Die Eigentümerin Rhystadt hält auf Anfrage von «OnlineReports» fest, dass die systematischen Untersuchungen und Überwachungsprogramme zu den Standortbelastungen auf dem Klybeck-Areal dazu dienten, in Abstimmung mit den Behörden mögliche Gefahren für Mensch und Umwelt zu erkennen und bei Bedarf Massnahmen zu treffen.
Die Sanierung des erwähnten Chlorbenzolschadens werde derzeit von der Voreigentümerin BASF vorbereitet.
«Wir haben klar gemacht, dass weitere sanierungsbedürftige Altlasten nicht ausgeschlossen sind», sagt Rhystadt-Sprecherin Julia Gross.
Einzelne Messwerte aus den umfangreichen Überwachungsprogrammen seien aber nicht aussagekräftig genug, um einen Entscheid zu fällen. Es brauche weitere Untersuchungen, um Quelle und Art der Verschmutzung zu lokalisieren und zu bestimmen.
Im konkreten Fall handle es sich um ein laufendes Verfahren, in dem eine abschliessende Beurteilung noch ausstehe. Voraussichtlich im zweiten Halbjahr werde die Rhystadt Ergebnisse auf Basis des neuen Grundwassermonitoring-Konzepts kommentieren.
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Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal «OnlineReports» publiziert.