In der Schweiz endet der Tierschutz an den Landesgrenzen

Mirjam Walser
Mirjam Walser

Bern,

Mit der Ablehnung einer Motion hat der Ständerat heute darauf verzichtet, dem Import von tierquälerisch erzeugter Stopfleber ein Ende zu setzen.

Gänse
In der Stopfmast-Produktion werden die biologischen Bedürfnisse der Tiere völlig missachtet. - L214 Éthique & animaux

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz zählt weltweit zu den grössten Importländern von Stopfleber.
  • Eine Motion wollte dem Import von tierquälerisch erzeugter Stopfleber ein Ende setzen.
  • Dies wurde im Ständerat durch einen Stichentscheid abgelehnt.
  • Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten kritisiert die Doppelmoral der Schweiz.

Mit der Ablehnung der Motion von SVP-Nationalrat Martin Haab hat der Ständerat heute darauf verzichtet, dem Import von tierquälerisch erzeugter Stopfleber ein Ende zu setzen. Das Ergebnis kam durch den Stichentscheid der Ständeratspräsidentin zustande – mit 19:18 Stimmen gegen die Motion.

Die Stopfmast ist in unserem Land seit über 40 Jahren verboten. Dennoch wurden im vergangenen Jahr 186 Tonnen Stopfleber (auch Foie gras genannt) in die Schweiz importiert, was 343'200 Enten und Gänsen entspricht. Damit zählt die Schweiz weltweit zu den grössten Importländern.

Essen Sie Foie Gras?

«Die für die Herstellung von Stopfleber angewandte Methode der Stopfmast verstösst gegen das Schweizer Tierschutzgesetz. Es ist inakzeptabel, dass die Schweiz diese Praxis auf ihrem Territorium seit Jahrzehnten aus Gründen der Tierquälerei verbietet, den Import aus dem Ausland aber weiterhin zulässt.

Es ist höchste Zeit, dieser Doppelmoral ein Ende zu setzen. Nach dem positiven Signal des Nationalrats bedauern wir das enorm knappe Ergebnis im Ständerat. Es zeigt einmal mehr, dass die Schweiz wirtschaftlichen Interessen Vorrang vor dem Tierschutz einräumt», erklärt Pia Schneider, Policy Managerin bei der Tierschutzorganisation Vier Pfoten.

Fadenscheinige Argumente der Politik

Eines der Hauptargumente gegen das Importverbot: Es stünden keine gleichwertigen Alternativprodukte zur Verfügung. Dies stimmt so jedoch nicht ganz. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zählt Vier Pfoten mindestens 40 alternative Produkte, von denen 19 bereits in der Schweiz erhältlich sind.

Foie Gras
Der Schweizer Sternekoch Tobias Buholzer begeistert seit einigen Jahren die Gourmets mit seiner tierfreundlichen Kreation «Noix gras». - VIER PFOTEN

Mehrere Spitzenköche haben preisgekrönte Rezepte entwickelt, um festliche und ethisch vertretbare Stopfleber-Alternativen anbieten zu können. Der Schweizer Sternekoch Tobias Buholzer ist das beste Beispiel dafür. Seine Terrine mit dem Namen «Noix gras» begeistert seit einigen Jahren die Gourmets.

Buholzers Beweggründe sind klar: «Es gibt für mich keinen einzigen Grund, weshalb man Tiere quälen muss – auch nicht für die Produktion von gastronomischen Luxusprodukten. Ich lehne das konsequent ab und serviere darum in meinem Gourmet-Restaurant keine Stopfleber. Mit «Noix gras» habe ich aber selber eine vegetarische und vegane Alternative zu Foie gras entwickelt. Damit überrasche und verwöhne ich unsere Gäste mit dem besten Gewissen.»

Pflicht zur Deklaration von Grausamkeit

Anstelle eines Importverbots für Foie gras hat sich der Ständerat nun für eine Deklarationspflicht ausgesprochen. Vier Pfoten geht mit seinen Forderungen aber noch weiter: Diese Deklaration soll auf der Verpackung sichtbar gemacht werden, mit dem klaren Hinweis darauf, dass es sich um ein Lebensmittel handelt, dessen tierquälerische Herstellung in der Schweiz verboten ist.

Die Realität der Stopfmast-Hühner ist grausam

Bevor sie im Alter von etwa drei Monaten geschlachtet werden, leiden Gänse und Enten in der Stopfmast-Produktion auf grausame Weise. Kaum sind sie auf der Welt, werden sie verstümmelt: Um die Entwicklung ihrer Schnäbel und Krallen zu hemmen, werden diese starker Infrarotstrahlung ausgesetzt.

Stopfmasthühner
Die Herstellung von Stopfmast ist grausam für die Tiere. - L214 Éthique & animaux

Die biologischen Bedürfnisse der Tiere werden völlig missachtet. Meistens haben die Gänse und Enten keinen Zugang zu einem Gewässer. Dann werden sie etwa zehn Tage lang zwangsernährt: Zweimal täglich werden ihnen innerhalb von drei Sekunden bis zu 450 Gramm Maisbrei in die Speiseröhre gepresst. Dies entspricht dem Sechsfachen ihrer normalen Nahrungsaufnahme.

Die grausame Fütterung mit Rohren führt zu Verletzungen der Speiseröhre und endet manchmal gar tödlich. Die Tiere werden fettleibig und krank; sie atmen und bewegen sich nur noch schwer, bis sie schliesslich geschlachtet werden.

Kommentare

User #3439 (nicht angemeldet)

das ist nicht scheinheilig das ist reality...

User #3439 (nicht angemeldet)

politik? die haben wir gewählt alle zusammen leider

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