EV Zug: Lino Martschini – Ein Synonym für Konstanz
Lino Martschini dominiert die Liga – längst ist er der beste Skorer der Klubgeschichte. Wieso berücksichtigt ihn eigentlich Patrick Fischer so selten?

Als Lino Martschini 2012 aus der kanadischen Juniorenliga OHL nach Zug zurückkehrte, hatte er verschiedene Dinge im Gepäck, darunter: Träume, Hoffnungen, Ziele.
Er träumte davon, mit seinem Ausbildungsklub Meister zu werden, klar, auch wenn das damals weit weg schien – seit dem Titel von 1998 hatte der EVZ zu diesem Zeitpunkt nie mehr auch nur den Final erreicht.
Er hoffte, sich durchzusetzen und zum Schlüsselspieler zu entwickeln. Und er setzte sich das Ziel der Konstanz; jeden Abend die Leistung zu bringen. Er schaute zu Superstars wie Roger Federer auf, die bei praktisch jedem Auftritt ein beneidenswertes Niveau erreichten.

Knapp 13 Jahre später lässt sich festhalten: Martschini hat alles erreicht. Und sich jetzt schon unsterblich gemacht, zumal er einer der wenigen Spieler ist, die sich echte Klubtreue auf die Fahne schreiben können.
Martschini hat in seiner gesamten Profikarriere nie für ein anderes Team gespielt. Und sich mit einem Transfer nicht einmal beschäftigt; es gab nie Gespräche mit anderen Equipen.
Sein aktueller Vertrag läuft noch bis 2027. Es wird seine Karriere irgendwann in blau-weiss beenden.
Auch in den schwierigen Jahren skorte er verlässlich
Seit einer Weile ist er der produktivste Spieler der Zuger Klubgeschichte. Er hielt zwei Mal den Meisterpokal in die Höhe – so wie sich das die Nordkurve in einem eigens kreierten Lied jahrelang gewünscht hatte.
Und seine Konstanz ist eindrücklich: Weniger als 27 Skorerpunkte waren es in 13 Wintern nie. Selbst als er sich mit gesundheitlichen Schwierigkeiten – Adduktorenprobleme und eine Rücken-OP – herumschlug, liess er seine Klasse oft genug aufblitzen, um in hoher Regelmässigkeit zu skoren.
Und er hat seinen Platz an der Sonne auch in der Sechs-Ausländer-Ära behauptet. Unverändert erhält er reichlich Verantwortung, viel Powerplay-Eiszeit – und dankt dieses Vertrauen mit reichlich Toren und Assists.

Das ist keine Selbstverständlichkeit. Als Teenager hörte der 1,68 Meter grosse Martschini wieder und wieder die gleichen Vorhaltungen: Er sei zu klein und schmalbrüstig für das Profieishockey. Seine Karriere ist der Gegenbeweis dafür.
Wobei es schon ein Konstrukt gibt, wo die alten Argumente bis heute vorgebracht werden: das Nationalteam. Zwei Weltmeisterschaften hat Martschini nur bestritten, angesichts seiner Top-Werte ist das erstaunlich.
Er sagt: «Meine erste WM in Moskau 2015 war nicht gut, ich war dort auch oft überzählig. Aber 2019 spielte ich ein gutes Turnier. Und fand, dass es mir da gelungen ist, nochmal einen Schritt nach vorne zu machen.»
Sieben Punkte in acht Spielen produzierte er damals in der Slowakei, es war die Krönung einer Top-Saison, in welcher er in der National League Playoff-Topskorer wurde.
Die grosse Olympia-Enttäuschung
Doch seither hat Martschini nur noch sechs Länderspiele und nie mehr eine WM bestritten. Er sagt: «Klar wäre ich gerne öfter dabei gewesen. Auch die Olympischen Spiele waren ein Ziel von mir. Es hat zwei Mal nicht gereicht, obwohl die NHL-Profis nicht dabei waren. Das war bitter, aber ich habe mich damit abgefunden, es ist okay wie es ist.»
Die Seelenruhe erklärt sich auch damit, dass er inzwischen zweifacher Familienvater ist – es gibt auch noch anderes im Leben als das Eishockey. Im Februar lehnte er zudem ein Nationalmannschaftsaufgebot ab, weil er sich auf den Klub konzentrieren will.

Er will mit dem EVZ zurück dort hin, wo der Verein 2022 stand: ganz oben. Auf die Meistertitel von 2021 und 2022 folgten für die erfolgsverwöhnten Zuger zuletzt durchwachsene Jahre.
Und auch diese Saison war nicht einfach – der EVZ kämpfte mit reichlich Verletzungspech, vor allem in der Defensive. «Ich glaube, wir konnten in keinem einzigen Qualifikationsspiel in Bestbesetzung antreten», sagt Martschini.
Trotzdem ist er zuversichtlich: «Der Erfolgshunger ist zurück. Man konnte den schon im Sommer spüren als die Mannschaft wirklich heiss darauf war, dass es endlich wieder losgeht.»
Für die Zuger geht es nicht zuletzt auch darum, dem Erfolgstrainer Dan Tangnes einen würdigen Abschied zu bereiten.
Der Norweger verabschiedet sich nach sieben Jahren aus familiären Gründen nach Schweden, wo seine Familie lebt. Martschini sagt: «Es ist krass, wie schnell diese sieben Jahre verflogen sind.

Manchmal denke ich an die Shedden-Jahre zurück und denke: Das war doch erst gestern. Aber ich bin ja inzwischen selbst auch schon 32. Die Zeit rennt.»
Zu Martschinis wichtigsten Qualitäten gehö-ren sein Speed und die Beweglichkeit. Wie schafft man es, sich diese zu bewahren, mit mittlerweile 32 Jahren?
Er erklärt: «Ich höre auf meinen Körper und trage ihm Sorge. Ich denke schon, dass ich noch vier, fünf gute Jahre vor mir habe.» Nach seiner ersten Dekade in dieser Liga ist die Konkurrenz also gewarnt.
Über Lino Martschini
Geboren: 21. Januar 1993. Grösse: 168 cm. Gewicht: 67 kg. Vertrag: bis 2027. Stationen: Bis 2010: EV Zug (Nachwuchs). 2010 bis 2012: Peterborough Petes (OHL). Seit 2012: EV Zug.
Grösste Erfolge: Meister 2021 und 2022 sowie Cupsieger 2019 mit dem EV Zug. Dazu diverse persönliche Auszeichnungen.