EV Zug: Jan Kovar – Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Vier Jahre lang war Jan Kovar im EV Zug der Taktgeber. Dann setzten ihm private Sorgen zu. Der Klub hielt zu ihm. Es hat sich gelohnt.

Der Profisport ist ein sehr schnelllebiges Geschäft, das Credo lautet: Was hast du in letzter Zeit für den Arbeitgeber gemacht? Status und Heldentaten von vorgestern verblassen schnell.
Es sind Mechanismen, denen sich auch Jan Kovar nicht entziehen konnte. Kovar, 34, war während Jahren der wichtigste Stürmer des EV Zug, der wahrscheinlich beste, kompletteste Center der Liga.
Er hatte grossen Anteil an den Meistertiteln von 2021 und 2022 – in beiden Jahren brillierte er als Playoff-Topskorer.
Doch Kovars Wert lässt sich nicht nur in Skorerpunkten messen. Seit 2021 ist er Captain dieser Mannschaft. Ihre unbestrittene Führungskraft und Vorkämpfer.

Der Trainer Dan Tangnes sagt: «Es gibt Spieler, die haben eine spezielle Aura, einen Swagger und natürliche Autorität ausstrahlen. Er ist ein geborener Leader. Er ist sehr grosszügig mit seiner Zeit, hat für jeden ein offenes Ohr und hilft, wo er kann.»
Bei den Teamessen, das ist zu hören, besteht Kovar darauf, die Rechnung alleine zu begleichen. Sicherheitshalber legt er jeweils im vornherein fest, welcher Wein (und vor allem: aus welcher Preisklasse) ausgeschenkt wird.
Kovar ist also ein Bilderbuchcaptain. Aber auch er ist vor Krisen nicht gefeit. 2023/24 belasteten ihn private Sorgen und einige Verletzungsprobleme so sehr, dass er seine schwächste Saison seit 2009/10 in Pilsen spielte: 47 Spiele/28 Punkte.
Auf der Tribüne machte sich Frust breit, hier und dort war der Wunsch zu vernehmen, Kovar angesichts seiner dürftigen Darbietungen zu ersetzen.
Doch Tangnes sagt, das sei für den EVZ überhaupt nicht in Frage gekommen – ja nicht einmal zur Debatte gestanden: «Er hat für diesen Verein so viel geleistet. Da ist es unsere Pflicht, ihm in einer schwierigen Zeit beizustehen. Und das haben wir getan.»
Es ist eine Haltung, die von Klasse zeugt. Und die sich gelohnt hat. Inzwischen ist das Leben fernab der Bande wieder in Ordnung – und Kovar ist merklich aufgeblüht.
Er sagt: «Ich fühle mich sehr viel besser als im letzten Winter. Da sind verschiedene Dinge passiert, mit denen ich im ersten Moment nicht richtig umgehen konnte. Jetzt liegt der Fokus wieder voll auf dem Eishockey. Ich hatte einen guten Sommer und habe viel investiert, um das Vertrauen des Klubs zurückzuzahlen.»
Ein neuer Vertrag bis 2027
Das ist ihm gelungen. Tangnes sagt: «Er ist noch immer einer der allerbesten Center in Europa. Er hat die Kraft, die Hände, die Technik und das Pflichtbewusstsein. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass er in unseren Reihen spielt.»
Inzwischen hat Kovar seinen auslaufenden Vertrag bis 2027 verlängert. Als Ausländer acht Jahre für den EVZ zu spielen: Das hat im 21. Jahrhundert nur Josh Holden geschafft (2008 bis 2018).

Kovar sagt, es hätten sich zwar durchaus andere Teams um ihn bemüht, aber er habe in Zug bleiben wollen. Seine beiden Kinder gehen inzwischen hier zur Schule. Auf dem Ägerisee besitzt er ein Fischerboot; er hat die Region kennen und lieben gelernt.
Die Frage ist, ob er den EVZ noch einmal in jene Sphären zurückführen kann, die der Klub in den Meisterjahren erreichte. Kovar sagt: «Wir haben dieses Niveau nicht mehr ganz gefunden.
«Ich fühle mich sehr viel besser als im letzten Winter. Da sind verschiedene Dinge passiert, mit denen ich im ersten Moment nicht richtig umgehen konnte. Jetzt liegt der Fokus wieder voll auf dem Eishockey», sagt Jan Kovar.
Zwei Mal in Folge eine lange Saison, Olympia, viele Verpflichtungen. Es soll keine Ausrede sein, doch es war schon eine gewisse Müdigkeit spürbar. Körperlich, vor allem aber mental. Aber das ist die Vergangenheit. Wir haben heute ein sehr starkes Team. Und der Erfolgshunger ist wieder da, das merke ich.»
Jetzt ist der EVZ im Vergleich zu den anderen meistgenannten Meisterkandidaten ausgeruht: Der Titelhalter ZSC Lions etwa hat durch seine Finalqualifikation in der Champions Hockey League 13 zusätzliche Pflichtspiele absolviert.
In Zug hoffen sie, dass sich diese Belastung spürbar machen wird.Ein Treiber kann für den EVZ auch der Wunsch sein, den Trainer Tangnes würdig zu verabschieden. Tangnes, 45, zieht zum Saisonende bekanntlich weiter nach Ängelholm zu Rögle und wird durch den aktuellen Assistenten Michael Liniger ersetzt werden.
Kovar sagt: «Wir werden alles versuchen, damit er mit dem dritten Titel abtreten kann. Ich schätze ihn sehr, wir haben eine enge Beziehung. Sein Entscheid, nach Schweden zurückzukehren, hat mich entsprechend nicht überrascht.»
Wäre das Trainerdasein auch für ihn ein Werdegang, nach der Karriere? Kovar überlegt und sagt: «Ich habe in Tschechien früher ein paar Kurse besucht, aber ich glaube die haben inzwischen ihre Gültigkeit verloren. Ich hoffe schon, dass ich im Hockey bleiben kann. Ich möchte meine Erfahrung weitergeben.»
Kaum tschechische Trainer in der NL im 21. Jahrhundert
Wieso nicht in der Schweiz? Tschechische Trainer sind hierzulande völlig ausser Mode geraten. Der letzte tschechische Cheftrainer in der National League war 2013/14 Tomas Tamfal bei den SCL Tigers, wo er eilig entlassen wurde.
Vorher versuchten sich Rostislav Cada und Jan Tlacil in Ambrì. Kovar hat dafür eine Erklärung parat, er sagt: «Wir haben sehr fähige Coaches in Tschechien. Aber ihnen fehlt das Talent, sich selbst zu vermarkten. Sie getrauen sich nicht, den Sprung ins Ausland zu wagen.»
Tschechische Trainer in der Schweiz gibt es aktuell nur in der zweiten und dritten Reihe: Pavel Rosa ist Assistent bei Gottéron, der ehemalige Ambrì-Ersatzausländer Pavel Vostrak arbeitet im Nachwuchs des EHC Kloten.
Noch bleibt Kovar reichlich Zeit, um sich auf die Zeit nach der Karriere vorzubereiten. Einen Plan allerdings gibt es: Mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Jakub in die südböhmische Kleinstadt Pisek zurückzukehren und dort in der Plauschliga die Netze zu füllen.

Kovar sagt: «Wir haben es leider nie geschafft, im Profibereich zusammenspielen zu können. Aber in Pisek werden wir das tun. Er wird mein Flügel sein. Ich brauche dort einen schnellen Mann. Und er ist der bessere Schlittschuhläufer als ich…»
Es liegt Schalk in Kovars Stimme – schliesslich ist Jakub Torhüter und das Paralleluniversum, in dem er ein Laufduell gegen seinen Bruder gewinnen kann, muss erst noch entdeckt werden.
Der ehemalige ZSC-Goalie Jakub spielt seit 2022 wieder in Tschechien, er ist die Nummer 1 von Sparta Prag. Im Herbst fiel er wegen einer Lungenembolie lange aus, inzwischen aber ist er genesen. Sein Vertrag bei Sparta läuft bis 2026. Pisek kann noch ein bisschen warten.
Über Jan Kovar
Geboren: 20. März 1990. Grösse: 182 cm. Gewicht: 96 kg. Vertrag: bis 2027. Stationen: Bis 2013 HC Plzen. 2013 bis 2018: Metallurg Magnitogorsk (KHL). 2018/19: Providence Bruins (AHL), Plzen. Seit 2019: EV Zug.
Grösste Erfolge: Tschechischer Meister 2013. Gewinner Gagarin-Cup 2014 und 2016. Schweizer Meister 2021 und 2022. Diverse persönliche Auszeichnungen.