#MenAreTrash: Alles Schweine ausser Papa?

Nadine Brügger
Nadine Brügger

Deutschland,

Während der Feminismus um die Jahrhundertwende zu dösen schien, brachten die Sozialen Medien neuen Zündstoff in die Debatte. Letzter Stand: #MenAreTrash.

#menaretrash: Redaktorin Sibel Schick trat eine Online-Lawine los.
#menaretrash: Redaktorin Sibel Schick trat eine Online-Lawine los. - Twitter

Das Wichtigste in Kürze

  • Um Gewalt an Frauen zu thematisieren, wurde in Südafrika 2017 der #menaretrash lanciert.
  • Nun brachte eine junge taz-Redaktorin die Diskussion in den deutschsprachigen Raum.
  • Statt um Gewalt an Frauen geht es nun aber um beleidigte Männer.

Sind Männer Müll? Alles Schweine – ausser Papa? Unter dem Hashtag #menaretrash schaukelt sich das Internet gerade wieder an dieser Frage hoch.

Auf der anderen Seite argumentiert die «Neue Zürcher Zeitung», der «Netzfemininismus» habe mit #menaretrash «einen neuen Tiefpunkt erreicht».

Wieder? Seinen Anfang nahm #menaretrash bereits 2017 und zwar in Südafrika. Eine junge Frau war von ihrem Freund brutal ermordet worden. Um auf Vergewaltigung, Nötigung und Gewalt an Frauen durch nahestehende Männer aufmerksam zu machen, tippte die südafrikanische Bloggerin Rufaro Samanga «Men are trash» hinter einen #. Es folgte ein digitaler Aufschrei und eine Diskussion darüber, ob man das wirklich darf. Es war keine Diskussion über Gewalt an Frauen. Nein. Die Frage lautete: Darf man alle Männer pauschal scheisse finden?

«Alle Männer sind Arschlöcher»

Das Plädoyer der NZZ schliesst mit einer Auflistung von Inventionen, die Meinungsfreiheit garantieren und ihre Verbreitung ermöglichen: «Die Meinungsfreiheit haben die 39 männlichen Unterzeichner der amerikanischen Verfassung für alle Bürger erwirkt. Gleiches gilt für die Möglichkeit, seine Meinung in einen Computer einzugeben, diese irre Kiste, die Konrad Zuse, John Presper Eckert und John William Mauchly in den 1940er Jahren erfunden haben.» Hier will einer klarstellen: Haben alles die Männer für euch gemacht.

Jetzt erlebt der Hashtag im Web der Deutschsprechenden seinen zweiten Frühling. Wiedererweckt hat ihn die taz-Redaktorin Sibel Schick eher zufällig. Mit den Worten «Es ist ein strukturelles Problem, dass Männer Arschlöcher sind», twitterte sie sich ins Auge des Orkans.

Mit einem Gedicht im «Missy Magazin» setzte sie noch einen obendrauf:

«Du sagst: ,Nicht alle Männer sind gleich.‘
Ich sage: ,Ist das nicht irrelevant vielleicht?‘
Denn es ist ein strukturelles Problem,
Und ja, es ist kein individuelles Problem,
Und nein, es geht nicht um Ausnahmen,
Denn es ist ein weltweites Phänomen,
Dass Männer Arschlöcher sind.»

Dass Frauen der Weg zu gleichwertiger Bildung oder politischer Macht bis heute längst nicht überall offen steht – geschweige denn 1787 oder 1940 Tatsache war – ging dabei allerdings vergessen.

#menaretrash in drei Gruppen

Seither spaltet sich die Social Media Gemeinschaft in drei Gruppen:

1. Jene, die mit dem provokanten Hashtag endlich Aufmerksamkeit wollen für eine Diskussion, die bis heute selten gründlich und konstruktiv geführt wird: Männer, die die Grenzen einer Frau übertreten.

Dieser Gruppe geht es nicht um einzelne Beispiele, sondern darum, dass weltweit ein vergleichbares Ungleichgewicht der Macht zwischen Männern und Frauen herrscht. Und dass Gewalt weltweit öfter von Männern an Frauen ausgeübt wird, als umgekehrt.

2. Jene, die weder provozieren, noch pauschalisieren wollen und den #menaretrash ablehnen, weil sie persönlich Männer kennen, die keine Arschlöcher sind. Hier wird mit Individuen argumentiert, die unmöglich alle in den (gleichen) Müll gesteckt gehören.

3. Jene – fast ausschliesslich Männer – die sich mit ausfälligen Kommentaren und Drohungen zum Hashtag äussern. Sibel Schick wurde mit Vergewaltigung und Vergasung gedroht. «Meine Aussage war schlimmstenfalls nicht nett. Das sind konkrete Drohungen», sagt Schick zu «Zeit Online».

Gemeinsam ist den beiden letzten Gruppen, dass hier geschieht, was bereits 2017 in Südafrika geschah: Man diskutiert nicht über Gewalt an Frauen. Oder über «winzige Übergriffe von Seiten der Männer, ständige Verdrängungsleistungen aufseiten der Frauen», wie die «Basler Zeitung» im Zuge der #metoo-Debatte notierte. «Gemeinsam hat man über Jahre hinweg eingeübt: Ist doch alles halb so wild; ist doch nicht bös gemeint. Natürlich nicht. Aber es ist unglaublich lästig.» Diskutiert wird, ob Männer pauschal als Arschlöcher betitelt werden dürfen.

«Tiefpunkt des Netzfeminismus»

Diese Diskussion ist nun aus Deutschland in die Schweiz übergeschwappt. Hier zeigt beispielsweise die «Tageswoche» in vier Beispielen auf, wie Gewalt an Frauen als alltäglich nicht abgetan, sondern ignoriert wird. «Egal, was Frauen tun, und wie sie ihre Botschaft formulieren, die Mehrheit der Männer hört nicht zu. Die meisten Politiker, Journalisten, Wirtschaftsbosse oder Kulturgrössen erkennen nicht an, dass Gewalt gegen Frauen ein Problem ist, das es zu lösen gilt.»

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