Andrew Cuomo

Andrew Cuomo: Absturz eines Hoffnungsträgers

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USA,

Mit Klartext in der Corona-Krise wurde New Yorks Gouverneur Cuomo zum Hoffnungsträger. Manche sahen ihn sogar als Präsidentschaftskandidaten. Doch jetzt bringen ihn Vorwürfe sexueller Belästigung in Erklärungsnot - und nicht nur die.

Gouverneur Andrew Cuomo wird mit Vorwürfen zu sexueller Belästigung konfrontiert. Foto: Hans Pennink/AP/dpa
Gouverneur Andrew Cuomo wird mit Vorwürfen zu sexueller Belästigung konfrontiert. Foto: Hans Pennink/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Als New York zum Epizentrum der Corona-Pandemie wurde, lief Gouverneur Andrew Cuomo zu Hochform auf.

Tag für Tag informierte er mit klaren Worten und Power-Point-Präsentationen über die Entwicklung des Infektionsgeschehens in seinem Bundesstaat und die Massnahmen dagegen.

Die Pressekonferenzen des heute 63-Jährigen bekamen Kult-Status, wurden weltweit von Millionen live verfolgt. Der Gouverneur wurde dafür schliesslich sogar mit einem Emmy ausgezeichnet, dem wichtigsten Fernsehpreis der USA.

Über den Sommer schien New York die Pandemie weitgehend in den Griff zu bekommen. Der viel gelobte Krisenmanager feierte seine daraus gezogenen «Lektionen in Führungsstärke» - und sich selbst - mit einem Buch. Es wurde sofort zum Bestseller. Der Demokrat wurde zum Hoffnungsträger, für einige sogar zum möglichen Kandidaten gegen den damaligen Präsidenten Donald Trump. Das ist vorbei. Nun gibt es gleich aus mehreren Richtungen gegen Cuomo schwere Anschuldigungen.

Die grössten Wellen schlagen Vorwürfe sexueller Belästigung, die im Abstand von wenigen Tagen von drei Frauen erhoben wurden. Zunächst beschuldigte die 36 Jahre alte Lindsay Boylan, eine ehemalige Beraterin, den Gouverneur, sie 2018 in seinem Büro in Manhattan ungefragt auf den Mund geküsst zu haben. Cuomo habe in seiner Regierung eine Kultur geschaffen, in der sexuelle Belästigung und Drangsalieren allgegenwärtig seien.

Eine frühere Gesundheitsberaterin beschuldigte ihn, sie verbal bedrängt zu haben. Schliesslich meldete sich noch eine dritte Frau und warf Cuomo vor, sie unangemessen angefasst und gefragt zu haben, ob er sie küssen dürfe. Die Vorwürfe erinnern an Fälle sexueller Belästigung im Zuge von #MeToo. Einst hatte Cuomo die Bewegung öffentlich gepriesen. Jetzt hat er deren Wut gegen sich.

Inzwischen hat sich der Gouverneur für mögliche «Fehlinterpretationen» seines Verhaltens entschuldigt. «Ich räume ein, dass einige der Dinge, die ich gesagt habe, als unerwünschte Flirts fehlinterpretiert worden sind. Soweit das jemand so empfunden hat, tut mir das aufrichtig leid», erklärte er per Mitteilung - betonte aber auch, dass er «nie jemanden unangemessen berührt» und auch nie jemandem unsittliche Avancen gemacht habe. Die Aussagen der drei Frauen lauten anders.

Cuomos Büro kündigte zudem eine unabhängige Untersuchung an, in deren Rahmen der Gouverneur und alle Mitarbeiter «voll kooperieren» würden. New Yorks Justizministerin Letitia James versprach: «Am Ende der Überprüfung werden die Ergebnisse in einem Bericht veröffentlicht.» Hochrangige Demokraten unterstützen die Überprüfung - allen voran Präsident Joe Biden. Die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, bezeichnete die Anschuldigungen als «ernst». Ähnlich äusserten sich die New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez und die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

Aber es gibt noch andere Vorwürfe gegen Cuomo, dessen Umfragewerte stark gesunken sind: Seine Regierung soll die Zahl der Menschen, die in den Alten- und Pflegeheimen New Yorks nach einer Infektion mit dem Coronavirus starben, deutlich zu niedrig angegeben haben. So steht es auch in einem Untersuchungsbericht von Justizministerin James. Die Ermittlungen laufen noch.

Cuomo hatte zu Beginn der Pandemie verfügt, dass Alten- und Pflegeheime auch infizierte, aber nicht lebensbedrohlich erkrankte Menschen aufnehmen müssen, um so Krankenhausbetten für Intensiv-Betreuung frei zu machen. Kritiker werfen ihm vor, dass sich dadurch in den Alten- und Pflegeheimen deutlich mehr Menschen infiziert hätten und gestorben seien. Cuomo bestreitet das. Auch soll er Kritiker aus der Politik aggressiv angegangen sein und versucht haben, sie einzuschüchtern, wie viele nun offen berichten.

Schon werden Rufe nach einem Rücktritt laut - auch aus der eigenen Partei wie von Cuomos Dauerfeind, New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio. Zumindest müssten dem Gouverneur dringend die Notfall-Ermächtigungen entzogen werden, mit denen er in der Corona-Krise derzeit viele Entscheidungen allein treffen kann, forderte de Blasio.

Bei einer Pressekonferenz entschuldigte sich der 2018 für eine dritte Amtszeit wiedergewählte Cuomo erneut - stellte aber gleichtzeitig klar, dass er nicht vorhabe, zurückzutreten.

Viele sehen die seit zehn Jahren dauernde Ära Cuomo trotzdem schon vor dem Ende - andere verweisen auf das Stehvermögen und den starken Willen des Demokraten, der geschieden ist, drei erwachsene Töchter hat und dessen Vater Mario zwischen 1983 und 1994 Gouverneur war. «Dieser Mann ist 63 Jahre alt und getrieben davon, seinen Vater in den Schatten zu stellen», sagte ein Berater, der anonym bleiben wollte, dem «New York Magazine». «Ihm ist klar, dass er eigentlich gar nichts anderes machen kann, als Gouverneur von New York zu sein.»

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