Argentiniens Regierung schon bald ohne Mehrheit im Parlament?
Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise droht der linken Regierung von Präsident Alberto Fernández bei den Parlamentswahlen in Argentinien eine schwere Niederlage.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach den Umfragen verliert das Bündnis «Frente de Todos» («Front aller») Stimmen.
- Diese fallen wohl an das Konservative Bündnis «Juntos por el Cambio».
- Die Bevölkerung ist unzufrieden, denn das Land leidet an einer Wirtschaftskrise.
Inmitten der schweren, argentinischen Finanzkrise droht der linken Regierung von Präsident Alberto Fernández eine schwere Niederlage. Die Konservativen, welche sich in der Bewegung «Juntos por el Cambio» sammelten, dürften die Parlamentswahlen gewinnen.
Niederlage mit Ankündigung
Argentinien steckt in einer tiefen Wirtschafts- und Finanzkrise: Die Inflationsrate liegt bei rund 50 Prozent, die Landeswährung Peso gibt gegenüber dem Dollar immer stärker nach. «Die Regierung sieht der Realität nicht ins Auge», sagte der Politikberater Raúl Timerman kürzlich in einem Fernsehinterview. «Für viele Menschen hat sie an Glaubwürdigkeit verloren.»
In dem einst reichen Land leben inzwischen 42 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze. Probleme bei der Beschaffung von Corona-Impfstoff und private Feiern während der Quarantäne im Präsidentenpalast brachten die Regierung zuletzt unter Druck. «Wir arbeiten jeden Tag daran, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und die Gehälter zu erhöhen». So die Regierungskandidatin in der Provinz Buenos Aires, Victoria Tolosa Paz, vor wenigen Tagen in einem Interview.
Galoppierende Inflation
Zuletzt fror die Regierung die Preise für rund 1400 Produkte ein. Damit will sie die ständige Erhöhung der Lebenshaltungskosten zumindest kurzfristig bremsen. «Argentinien ist wie die Titanic, die seit Jahrzehnten immer ein bisschen weiter sinkt», sagte hingegen der Oppositionskandidat Facundo Manes. «Dem Land fehlt eine gemeinsame Richtung, ein strategischer Plan hin zu einer moderneren Wirtschaft.»
Nach der Schlappe bei den Vorwahlen brach zudem der Konflikt in der Regierung offen aus. Auf Druck von Vizepräsidentin Cristina Kirchner und der ehemaligen Staatschefin (2007-2015) baute Fernández sein Kabinett um. Wer innerhalb der Regierung tatsächlich das Sagen hat, wird sich noch zeigen. Bald stehen die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein neues Abkommen an.
Verschuldung drückt Argentiniens Wirtschaft
Argentinien steht beim IWF mit etwa 44 Milliarden US-Dollar in der Kreide. Zwar zahlt die Regierung in Buenos Aires regelmässig die Zinsen für den Kredit, allerdings hat sie bislang kaum Schulden abbezahlt. Im kommenden Jahr steht eine Tilgung von rund 19 Milliarden Dollar an.
Fernández und sein Finanzminister Martin Guzmán wollen ein neues Abkommen mit dem Fonds aushandeln. Kirchner plädiert hingegen für einen Bruch mit dem IWF.
«Wir werden nicht auf die Knie fallen, um die Schulden zu bezahlen», sagte Fernández kürzlich. «Wir arbeiten daran, eine Einigung zu erzielen, die nachhaltig ist.» Das Verhältnis zwischen Argentinien und dem IWF ist schwierig. Viele Menschen in der zweitgrössten Volkswirtschaft Südamerikas machen den Fonds für die Wirtschaftsmisere im Land verantwortlich.