USA melden sich mit Emissionsziel beim Klimaschutz zurück

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Unter Donald Trump spielte der Klimaschutz in den USA keine grosse Rolle. Präsident Joe Biden bringt das Land nun wieder auf die globale Bühne. Steht die Welt «am Rande des Abgrunds»?

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US-Präsident Joe Biden spricht beim virtuellen Klima-Gipfel, zu dem er zahlreiche Staats- und Regierungschefs eingeladen hat, im East Room des Weissen Hauses. Foto: Evan Vucci/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Mit einem neuen Klimaschutzziel für 2030 und einem internationalen Gipfel haben sich die USA im Kampf gegen die Erderwärmung auf der globalen Bühne zurückgemeldet.

Bei einem Online-Treffen mit 40 Staats- und Regierungschefs im Weissen Haus rief US-Präsident Joe Biden zu schnellem Handeln auf, um die Klimakrise einzudämmen. Er kündigte selbst neue Schritte an: Die USA wollen bis zum Ende des Jahrzehnts ihre Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2005 mindestens halbieren. Das genaue Ziel lautet, die Emissionen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene um 50 bis 52 Prozent zu verringern. Inmitten grosser internationaler Spannungen holte Biden bei dem Thema auch die Regierungschefs von Russland und China an den Tisch.

Mit dem neuen Klimaziel erfüllen die USA eine Vorgabe des Pariser Klimavertrags, in den Biden das Land am ersten Tag im Amt zurückgeführt hatte. Sein Vorgänger Donald Trump war aus dem Abkommen ausgestiegen. Es sieht vor, dass die Vertragsstaaten ihre Klimaziele alle fünf Jahre nachbessern. Bei der Weltklimakonferenz in Glasgow im November sollen dies alle Partner offiziell tun.

Der von Biden ausgerichtete zweitägige Online-Klimagipfel gilt als wichtige Vorbereitung für Glasgow. Experten sind sich einig, dass sich bis 2030 weltweit viel mehr tun muss, wenn die Erderwärmung, wie 2015 von knapp 200 Staaten in Paris vereinbart, deutlich unter zwei Grad bleiben soll. Schon jetzt hat sich die Erde um rund 1,2 Grad erhitzt, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Biden rief zu einem gemeinsamen Kraftakt auf und sieht insbesondere die grössten Volkswirtschaften in der Pflicht. «Die Zeichen sind unübersehbar. Die Wissenschaft ist nicht zu leugnen. Die Kosten des Nichtstuns werden immer höher», mahnte er. Biden appellierte an die Industriestaaten, Geld für den Klimaschutz zu mobilisieren, und kündigte selbst mehr US-Hilfen für Entwicklungsländer an.

UN-Generalsekretär António Guterres forderte eine globale Koalition für Treibhausgas-Neutralität. Teilnehmen müsse «jedes Land, jede Region, jede Stadt, jedes Unternehmen und jede Branche». Es brauche Steuern auf den Ausstoss von CO2, Kohle und Öl dürften nicht mehr subventioniert werden, das Verbrennen von Kohle müsse in den Industrieländern bis 2030 auslaufen. «Wir sehen ständig steigende Meeresspiegel, sengende Temperaturen, verheerende tropische Wirbelstürme und epische Waldbrände», mahnte Guterres. «Wir stehen am Rande des Abgrunds.»

Angesichts der dramatischen Lage holte Biden auch die wichtigen Akteure Russland und China mit an den Gipfel-Tisch - trotz grosser Spannungen mit beiden Ländern mit Blick auf diverse andere Themen.

Chinas Staatschef Xi Jinping sagte zu, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Xi versprach eine Verringerung des Kohleverbrauchs seines Landes von 2025 an und eine strenge Kontrolle der Kohlekraftwerke. China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde sowie der grösste Kohleverbraucher und Kohlendioxidproduzent - damit kommt ihm im Kampf gegen die Erderwärmung wie den USA eine zentrale Rolle zu. Während die Regierung wiederholt die Klimaziele bekräftigt, bemängeln Kritiker einen weiteren Ausbau der Kohleenergie auf lokaler Ebene und einen Zuwachs der Kohleförderung.

Auch Kremlchef Wladimir Putin zeigte bei dem Gipfel Kooperationswillen. Beim Kampf gegen die Erderwärmung müsse die gesamte Weltgemeinschaft ihre Anstrengungen vereinen. Die Diskussion beim Gipfel zeige, «wie tief wir alle die mit dem Klimawandel verbundene Besorgnis teilen». Russland sei bereit, «eine ganze Reihe» gemeinsamer Klimaprojekte anzubieten, sagte Putin. Das flächenmässig grösste Land der Erde ist vom Temperaturanstieg besonders betroffen. In Sibirien taut der Permafrostboden, weshalb Wissenschaftler vor der Freisetzung grosser Mengen Kohlenstoff warnen.

Andere Staaten machten ebenfalls Zusagen: Japans Regierungschef Yoshihide Suga kündigte an, sein Land wolle die Emissionen bis zum Fiskaljahr 2030/2031 um 46 Prozent im Vergleich zum Fiskaljahr 2013 verringern. Bislang war eine Senkung um nur 26 Prozent vorgesehen. Kanada wiederum will das Niveau der Emissionen von 2005 bis 2030 um 40 bis 45 Prozent senken, wie Premierminister Justin Trudeau zusagte.

Der international unter Druck geratene brasilianische Staatschef Jair Bolsonaro versprach Massnahmen zum Erhalt des Amazonasgebiets. Brasilien werde die illegale Abholzung bis 2030 beenden. Damit würde es seine Emissionen bis zu diesem Datum um 50 Prozent verringern.

Die Europäische Union hatte sich am Tag vor dem Klimagipfel offiziell zu einer Senkung der Treibhausgase um mindestens 55 Prozent bis 2030 und eine Wirtschaft ohne neue Klimalasten bis 2050 verpflichtet. Referenzjahr ist hier 1990. Die unterschiedlichen Ausgangspunkte - 1990 und 2005 - machen die Ziele schwer vergleichbar. Nach Lesart der EU entspricht ein US-Ziel von minus 50 Prozent gegenüber 2005 einer Reduktion von 43 Prozent im Vergleich zu 1990.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach, Deutschland werde seinen Beitrag leisten, um das EU-Ziel erreichen zu können. Sie begrüsste das neue Klimaziel der USA. Dies sei ein klares Bekenntnis im Kampf gegen die Erderwärmung und ein wichtiges Signal an die Weltgemeinschaft.

Jenseits der blanken Zahlen geht es aber um das politische Signal: Mit dem Gipfel will Biden nicht nur die Dringlichkeit des Klimaschutzes unterstreichen - sondern auch, dass die USA nach vier Jahren Trump wieder zurück am internationalen Verhandlungstisch sind. Er will die USA wieder zum Vorreiter beim Klimaschutz machen, hat den Kampf gegen die Erderwärmung zur Priorität erklärt und wirbt - vor allem als Botschaft im Inland - mit den wirtschaftlichen Chancen des Klimaschutzes. Die Energiewende, der Ausbau von Elektromobilität und Infrastrukturmassnahmen könnten Millionen gut bezahlter Jobs bringen.

Anlässlich des US-Klimagipfels rufen die Aktivisten von Fridays for Future für diesen Freitag zu weltweiten Protestaktionen auf - auch in Deutschland. Unter dem Motto «No more empty promises» («keine leeren Versprechungen mehr») fordern sie mehr Einsatz für den Klimaschutz.

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