Familie von George Floyd: Strafe für Chauvin «historisch»
Derek Chauvin wurde für die Tötung von George Floyd zu 22,5 Jahren Haft verurteilt. Für Joe Biden ist das Urteil angemessen, das Internet ist geteilter Meinung.
Das Wichtigste in Kürze
- Ex-Cop Derek Chauvin wurde zu 22,5 Jahren Haft für die Tötung von George Floyd verurteilt.
- Die Familie des Afroamerikaners, dessen Tod einen Massenprotest auslöste, ist zufrieden.
- Für einige geht das Urteil jedoch nicht weit genug.
Nach der Verkündung einer langjährigen Haftstrafe für Ex-Polizist Derek Chauvin hat sich die Familie des getöteten Afroamerikaners George Floyd zufrieden gezeigt.
«Dieser historische Schuldspruch bringt die Floyd-Familie und unsere Nation der Heilung einen Schritt näher, indem sie einen Abschluss und Rechenschaft liefert», teilten Anwälte der Angehörigen zusammen mit der Familie Floyds am Freitag mit. Dieser «bedeutende Schritt» sei in den USA vor kurzer Zeit noch undenkbar gewesen.
Einzelne Mitglieder der Floyd-Familie äusserten sich enttäuscht über Chauvins Strafe.
Floyds Neffe Brandon Williams sagte: «22,5 Jahre sind nicht genug. Wir kriegen George niemals zurück.» Nur lebenslange Haft wäre als Urteil angemessen gewesen. Deshalb werde er an diesem Tag nicht feiern.
Auch der prominente Bürgerrechtler Al Sharpton sagte, es gebe keinen Grund zum Feiern. George Floyd sei tot. Gerechtigkeit wäre allein, wenn er noch am Leben wäre. Sharpton sagte mit Blick auf Chauvins Strafmass: «Wir haben mehr bekommen, als wir dachten - nur weil wir vorher so oft enttäuscht worden sind.»
Joe Biden findet Strafe angemessen
US-Präsident Joe Biden hat die verhängte Haftstrafe im Prozess um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd als angemessen gewertet. In einer ersten Reaktion sagte Biden am Freitag, er kenne zwar nicht alle Umstände, die berücksichtigt worden seien. Das Strafmass erscheine aber angemessen.
«Nicht gut genug»
In den sozialen Medien war das Urteil gegen Derek Chauvin rasch Thema Nummer 1. Während auch hier viele das Urteil als starkes Signal werten, gibt es auch solche, die es als zu wenig ansehen.
Wären die Rollen andersrum gewesen, wäre das Urteil anders ausgefallen, sind sich einige sicher. «Hätte ein schwarzer Cop einen Weissen getötet, hätte er lebenslänglich erhalten», meint etwa ein Twitter-User.
In dem aufsehenerregenden Prozess hatte das zuständige US-Gericht zuvor eine Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten gegen Chauvin verhängt.
Chauvin war Ende April von den Geschworenen in dem Prozess unter anderem wegen Mordes zweiten Grades schuldig befunden worden. Nach deutschem Recht entspräche dies eher Totschlag. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe für den 45-Jährigen gefordert, die Staatsanwaltschaft dagegen 30 Jahre Haft.
George Floyd löste BLM-Bewegung aus
Floyd war am 25. Mai vergangenen Jahres in Minneapolis bei einem brutalen Polizeieinsatz ums Leben gekommen. Beamte nahmen den 46-Jährigen fest, weil er eine Schachtel Zigaretten mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt haben soll.
Videos von Passanten dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser immer wieder flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor das Bewusstsein und starb wenig später.
Die Videoclips der Szene verbreiteten sich damals rasant. Floyds Tod wühlte die USA auf und löste mitten in der Corona-Pandemie eine Welle an Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt aus. Das Verfahren gegen Chauvin wurde zu einem der aufsehenerregendsten Prozesse der jüngeren US-Geschichte.
Im vergangenen April befanden die Geschworenen Chauvin in allen Anklagepunkten für schuldig. Der schwerwiegendste Anklagepunkt lautete Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Nach deutschem Recht entspräche dies eher Totschlag.
Zudem wurde Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen - und Totschlag zweiten Grades. Chauvin hatte auf nicht schuldig plädiert.