Gefangen im digitalen Info-Dschungel?

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USA,

Dropbox will Büroangestellte vor Konzeptionslosigkeit bei der Arbeit retten. Ob dem Börsen-Neuling das gelingt, ist eine alles entscheidende Frage - für den Aktienkurs des Speicherdienstes, aber auch für Dropbox-Chef Drew Houston.

Arash Ferdowsi (l) und Drew Houston, Gründer des Online-Speicherdienstes Dropbox, stehen vor einem Plakat zum Börsengang ihres Unternehmens. Foto: Richard Drew/AP/dpa
Arash Ferdowsi (l) und Drew Houston, Gründer des Online-Speicherdienstes Dropbox, stehen vor einem Plakat zum Börsengang ihres Unternehmens. Foto: Richard Drew/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf der ersten eigenen Hausmesse des Speicherdienstes Dropbox in San Francisco fiel der Startschuss für den neuen Dienst.

«Dropbox Spaces» soll künftig viele Probleme aus dem digitalen Büro-Alltag lösen. Die im Sommer als Vorabversion vorgestellte Desktop-App für PC und Mac-Computer hat zur Aufgabe, die vorhandenen Arbeitsmittel völlig neu zu organisieren, statt einfach noch mehr hinzuzufügen.

Was hätte Albert Einstein geschafft, wenn er Smartphone, PC, Facebook, E-Mail, WhatsApp oder Slack gehabt hätte? Nach Einschätzung von Dropbox-Chef Drew Houston nicht viel. Es wäre ihm gegangen wie den meisten von uns.

Er hätte sich im digitalen Info-Dschungel verheddert und seinen Fokus verloren. Am Morgen hätte er sein Smartphone gecheckt und sich durch endlose E-Mail-Listen gescrollt, Kommentare auf Facebook oder Slack aus der Nacht durchgelesen, beantwortet, gelöscht sowie Dateien in diversen Ordnern gesucht.

Nach einer Studie einer Unternehmensberatung werden heute nur 40 Prozent der Arbeitswoche tatsächlich für die Aufgaben genutzt, für die ein Mitarbeiter eingestellt wurde. Oder anders: Von Montag bis Mittwoch wird nur an allen möglichen Neben- und Randtätigkeiten gewerkelt, um dann Donnerstag und Freitag richtig zu arbeiten.

«Dropbox Spaces» soll das Problem lösen. Nachdem Dropbox über Jahre der einfache Ablageordner im Internet war, in dem man seine Dateien gespeichert und dann von überall her abrufen konnte, will das Unternehmen aus San Francisco jetzt die neue Arbeitsoberfläche im Büro sein, der einzige Startpunkt, den ein Büroarbeiter in Zukunft noch braucht. Von hier aus kann er Projekte anstossen, Dateien bearbeiten und verteilen, Chats, Videokonferenzen oder Telefonate durchzuführen oder Teams bilden.

Dazu werden Dienste von Fremdanbietern wie Google, Slack, Trello oder der Videokonferenzdienst Zoom eingebunden und intelligent vernetzt. Und das, ohne die einzelnen Apps eigens aufrufen zu müssen. Ausserdem werden immer mehr «smarte» Bausteine wie künstliche Intelligenz eingebaut. Startet ein Mitarbeiter eines Projekts in den Tag, soll die App bald eigenständig alle nötigen Dateien und Apps zusammen anzeigen. Dafür lernt die App aus den Routinen des Mitarbeiters.

Dafür nimmt es der Winzling Dropbox mit einer Börsenkapitalisierung von 8,2 Milliarden Dollar und 402 Millionen Dollar Umsatz im abgelaufenen Quartal mit Giganten wie Microsoft und Google sowie dem Rivalen Slack auf. Microsoft überarbeitet mit Hochdruck seine Bürosuite Office 365 zu einer Kollaborationsplattform für Büro, Handel, Behörde oder Werkshalle. Ebenso versuchen das Google und der Büro-Chat-Service Slack. Obwohl Slack und Dropbox wie Freunde kooperieren, sind sie damit auch Feinde (enemies). Im Silicon Valley nennt man solche Partnerschaften auf Zeit «Frenemies».

Es geht um gewaltige Einsätze. Bis zum Jahr 2023 wird der Umsatz mit Software für Zusammenarbeit und Kommunikation am Arbeitsplatz weltweit auf 4,8 Milliarden Dollar wachsen – und sich damit im Vergleich zum Jahr 2018 mit 2,7 Milliarden Dollar fast verdoppeln, lautet eine aktuelle Prognose der Analysefirma Gartner.

Das wäre genau die Adrenalinspritze, die Houston für Dropbox dringend bräuchte: Seine Hoffnung ist, dass immer mehr Unternehmenskunden zu den kostenpflichtigen Diensten von Dropbox wechseln, statt bei den kostenfreien Basisangeboten zu bleiben. Das wäre der Umsatzschub, auf den Aktionäre und Analysten ungeduldig warten.

Bislang ist die Wall Street wenig beeindruckt: Dropbox gehört zu den Verliereraktien in diesem Jahr. Alleine im August sackte das Papier um über 20 Prozent ab, nachdem die veröffentlichten Quartalszahlen auf eine kontinuierliche Verlangsamung des Wachstums hindeuteten. Seitdem hat sich der Kurs auch nur marginal erholen können, am Mittwoch lag er knapp unter Jahresbeginn. Alle grossen US-Indizes liegen dagegen auf neuen Rekordniveaus.

Houston muss Partner finden, die Dropbox bei Unternehmen einführen, Start-ups, die zusätzliche attraktive und nützliche Apps und Dienste für die Plattform schreiben. So sind alle Plattformen von Salesforce.com bis Microsoft Office gross geworden. Aber der Weg ist noch weit und steinig. Auf Anfrage räumte Houston am Mittwoch ein, dass die Rate, in der bisherige Unternehmenskunden und Teams mit Businessverträgen in der Erprobungsphase auf die neue Plattform umschwenken wollten, eher «gering» war. Jetzt ist die App fertig und muss beweisen, was sie kann.

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