Bis heute sind die Folgen des Bürgerkriegs in El Salvador zu spüren. Ausgelöst wurde dieser aber durch den Tod eines einzigen Mannes: Erzbischof Óscar Romero.
Eine Aufnahme aus dem Archiv zeigt Erzbischof Óscar Romero von El Salvador an einem Schreibtisch.
Eine Aufnahme aus dem Archiv zeigt Erzbischof Óscar Romero von El Salvador an einem Schreibtisch. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Erzbischof Óscar Romero wird in El Salvador als Märtyrer geehrt.
  • Heute, fast 40 Jahre nach seinem Tod, wird er heiliggesprochen.
  • Sein Tod gilt als Auslöser für einen Bürgerkrieg, dessen Folgen noch immer spürbar sind.
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Mit dem Treffer einer Kugel bricht im März 1980 die Hölle über El Salvador herein. Das Geschoss tötet den Erzbischof der Hauptstadt San Salvador, als er gerade in einer Spitalkapelle die Messe feiert. Óscar Romero bricht blutend vor dem Altar zusammen. Sein Tod gilt als Auslöser eines brutalen Bürgerkriegs.

Am 14. Oktober wird Romero im Vatikan heiliggesprochen. Doch auch fast 40 Jahre nach seinem Tod spalten die Nachwehen des Krieges das kleine mittelamerikanische Land.

In seinen Kalender hatte Romero im März 1980 nur einen einzigen Termin eingetragen: die Messe, die seine letzte sein würde. «Hat er sich auf seinen Tod vorbereitet?», fragt sich Kardinal Gregorio Rosa Chávez, Weihbischof von San Salvador und Vertrauter Romeros.

Romero habe geahnt, dass er sterben würde, ist sich Chávez sicher. Zu lange war der Geistliche dem regierenden Militärregime bereits ein Dorn im Auge gewesen. In den reichen Stadtvierteln San Salvadors sei die Nachricht über den Tod Romeros mit Freude aufgenommen worden, berichtet Chávez. «Endlich ist der Kommunist tot», so hiess es.

Kardinal Rosa Chávez steht vor einem Portrait von Óscar Romero, dem ehemaligen Erzbischof San Salvadors, in der Krankenhauskapelle Divina Providencia.
Kardinal Rosa Chávez steht vor einem Portrait von Óscar Romero, dem ehemaligen Erzbischof San Salvadors, in der Krankenhauskapelle Divina Providencia. - dpa

Soziale Ungerechtigkeit angeprangert

Wer genau den Schiessbefehl auf den Geistlichen erteilte, ist bis heute nicht geklärt. Romero war eine Gefahr für die Militärjunta und die Oberschicht des Staates. Seine Predigten wurden im Laufe der Zeit immer politischer, beim Volk kam das an.

Immer wieder forderte der Erzbischof mehr soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe für die Armen. Der Grossteil des Landes befand sich in den Händen einiger weniger Grossgrundbesitzer, während der Rest kaum genug Land besass, um das Überleben zu sichern.

Der durch den Tod Romeros entfachte Bürgerkrieg kostete rund 75'000 Menschen das Leben. Tausende wurden verschleppt und nie wieder gefunden. 1992 schlossen die Regierung und die Guerilla-Partei Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional (FMLN) zwar ein Friedensabkommen. Doch der Krieg blieb - allerdings in neuer Form.

Terror von Jungendbanden

Kriminelle Jugendbanden – Maras genannt – terrorisieren heute ganze Stadtviertel. Polizei und Staat sind weitgehend hilflos. Im vergangenen Jahr wurden in El Salvador nach offiziellen Angaben rund 4000 Menschen getötet. Auf 100'000 Einwohner kommen so rund 60 Tötungsdelikte.

«Es ist ein irregulärer Krieg. Viele Leute denken, es gebe keine Lösung dafür», sagt Kardinal Chávez. «Wir sind immer noch in der Kriegszeit, jeden Tag sterben Menschen.» Aber mit den Banden liesse sich nicht verhandeln. El Salvador lebe in grosser Unsicherheit, so Chávez.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung schätzt, dass etwa 60'000 bis 70'000 Bandenmitglieder rund eine halbe Million Menschen unter ihrer Kontrolle haben. Betroffen vom Mara-Terror ist vor allem die mittellose Bevölkerung.

«Hinter all dem, was wir in diesem Land finden, an Gewalt, an Morden, an Ungerechtigkeiten steckt der soziale Konflikt. Das hat auch schon Romero gesagt, kurz bevor er umgebracht worden ist», sagt Joachim Schlütter, der die Stiftung in San Salvador leitet. Das Land befinde sich immer noch in einem grundsätzlichen Konflikt.

«Die Leute haben einen Bürgerkrieg erlebt, der nicht aufgearbeitet worden ist.» Das Vertrauen in der Gesellschaft fehle. Dazu komme das Problem fehlender Arbeitsplätze und Zehntausenden Menschen, die jährlich aus den USA nach El Salvador abgeschoben würden, so Schlütter. «An den Grundproblemen, die Romero angesprochen hat, hat sich nichts geändert.»

Ein Wandgemälde zeigt den ermordeten Bischof Óscar Romero, den ehemaligen Erzbischof San Salvadors.
Ein Wandgemälde zeigt den ermordeten Bischof Óscar Romero, den ehemaligen Erzbischof San Salvadors. - dpa

Verehrung als Märtyrer

Romero ist der erste Geistliche aus Mittelamerika, der heiliggesprochen wird. In seinem Heimatland wird er als Märtyrer verehrt, öffentliche Plätze und der Flughafen tragen seinen Namen. Sein ehemaliges Wohnhaus ist heute ein Museum.

Im Februar 2015 erkannte Papst Franziskus Romeros Martyrium an, knapp vier Monate später folgte die Seligsprechung. Als Begründung für Romeros Heiligsprechung gilt die Heilung einer schwangeren Frau. Diese wurde als Wunder anerkannt.

Wenn Romero am kommenden Sonntag heiliggesprochen wird, gibt es ein grosses Fest im ganzen Land. Die Würdigung der katholischen Kirche bedeutet der Bevölkerung viel. Und die Menschen sind sich sicher: Auch heute würde Romero wohl die gleichen Worte wählen.

Ein junger Mann malt ein Portrait des Erzbischofs Óscar Romero.
Ein junger Mann malt ein Portrait des Erzbischofs Óscar Romero. - Keystone
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