Midterms: Demokraten in der Zwischenbilanz stärker als erwartet
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ergebnisse der Zwischenwahlen («Midterms») in den USA sind noch nicht bekannt.
- Die Demokraten schlagen sich bisher besser als erwartet.
- Die Auszählung könnte sich in gewissen Staaten noch mehrere Tage hinziehen.
Trotz hoher Inflation und schlechter Umfragewerte haben sich Präsident Joe Biden und seine Demokraten bei den Zwischenwahlen in den USA deutlich besser geschlagen als erwartet. Ein klarer Sieg der Republikaner, wie in Umfragen vorausgesagt, blieb aus. Auch am Tag nach der Abstimmung war noch immer offen, wer in den beiden Kongresskammern die Mehrheiten erreicht. Unklar blieb zunächst, wie lange sich die Auszählung der Ergebnisse noch hinziehen wird. Ex-Präsident Donald Trump versetzte die Wahl einen Dämpfer.
Worüber abgestimmt wurde
Bei den «Midterms» in der Mitte der vierjährigen Amtszeit von Biden standen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus zur Wahl und 35 der 100 Sitze im Senat, der anderen Kammer des US-Parlaments. Die Republikaner müssten netto einen Sitz im Senat und fünf Sitze im Abgeordnetenhaus hinzugewinnen, um in beiden Kammern eine Mehrheit zu erlangen. Auch über zahlreiche Gouverneursposten und andere wichtige Ämter in den Bundesstaaten wurde bei den Wahlen abgestimmt.
Wo es noch knappe Rennen gibt
Gebannt blickten die USA auf knappe Rennen um Senatssitze in vier umkämpften Bundesstaaten. In Georgia, Wisconsin, Arizona und Nevada war auch am Mittwochvormittag (Ortszeit) noch offen, ob sich Demokraten oder Republikaner für Mandate im Senat durchsetzen – und wer am Ende die Mehrheit in der Kongresskammer übernimmt. Unklar war vorerst auch, wer künftig das Sagen im Repräsentantenhaus haben wird. Für die Republikaner deutete sich hier ein knapper Vorsprung an.
Was auf dem Spiel steht
Bei den Zwischenwahlen bekommt die Partei des Präsidenten üblicherweise einen Denkzettel verpasst. Der Wahlausgang entscheidet darüber, wie unbequem die kommenden zwei Jahren für Biden werden, was er in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit politisch noch zustande bringen kann – und ob ihn das in eine Position versetzt, aus der er sich aussichtsreich für eine weitere Amtszeit bewerben kann.
Sollten die Republikaner die Kontrolle im Kongress übernehmen, dürften die kommenden zwei Jahre von Blockade und parteipolitischen Kämpfen geprägt sein. Erobern sie eine oder beide Kongresskammern, könnte Biden ab Januar wohl keine grösseren Gesetzesinitiativen mehr durchsetzen. Ausserdem könnten ihm und seiner Regierung in dem Fall parlamentarische Untersuchungen und Amtsenthebungsverfahren drohen.
Warum eine längere Hängepartie drohen könnte
Die Demokraten konnten bei den Wahlen wichtige Erfolge erzielen und etwa in Pennsylvania den Republikanern einen der 100 Senatssitze abnehmen. Der progressive John Fetterman setzte sich dort gegen den TV-Arzt Mehmet Oz durch, der von Trump unterstützt wurde. Die Demokraten müssen im Senat die zur Wahl stehenden Sitze verteidigen oder den Republikanern Mandate abknöpfen, um ihre bislang hauchdünne Mehrheit nicht zu verlieren.
Bis das Ergebnis in den verbliebenen vier Bundesstaaten geklärt ist, könnte es dauern. In Nevada und Arizona könnte sich die Auszählung von Briefwahlstimmen womöglich noch über Tage hinziehen. Und sollte sich die Senatsmehrheit am Ende in Georgia entscheiden – wie bereits 2020- würde eine längere Hängepartie drohen. In Georgia kommt es nämlich zu einer Stichwahl am 6. Dezember, falls im ersten Anlauf kein Kandidat mehr als 50 Prozent erreicht. Das Rennen in dem traditionell eher republikanischen Bundesstaat im Süden galt von vornherein als ein mögliches Schlüsselrennen bei der Wahl.
Worauf die Republikaner hoffen können
Im Repräsentantenhaus rechnen die Republikaner damit, genügend Sitze für eine Mehrheit zu gewinnen. Allerdings könnte das Ergebnis deutlich knapper ausfallen als erwartet. «Es ist klar, dass wir das Haus zurückerobern werden», sagte der republikanische Fraktionsführer, Kevin McCarthy, in der Wahlnacht. Er will die Demokratin Nancy Pelosi von ihrem wichtigen Posten als Vorsitzende des Repräsentantenhauses ablösen. Wer den Vorsitz der Kammer innehat, ist Nummer drei der staatlichen Rangfolge nach dem US-Präsidenten und dessen Vize. Für McCarthy würde es im Fall einer nur knappen Mehrheit aber nicht einfach, die zersplitterte Partei hinter sich zu vereinen.
Signale für die Präsidentschaftswahl 2024
Nach den «Midterms» beginnt der Präsidentschaftswahlkampf. Es wird erwartet, dass Trump am 15. November seine Kandidatur dafür ankündigen wird, die er schon lange andeutet. Dass mehrere von ihm unterstützte Kandidaten in der Wahlnacht durchfielen, schwächt ihn bei diesem Vorhaben. Trumps grösster innerparteilicher Konkurrent für 2024 wiederum, Ron DeSantis, ging deutlich gestärkt aus der Wahl hervor. Mit einem kraftvollen Ergebnis wurde er als Gouverneur von Florida wiedergewählt.
Ob Biden noch mal antreten wird, hat er noch nicht offiziell verkündet. Er ist mit 79 Jahren der älteste Präsident in der Geschichte der USA, und er hat mit schlechten Beliebtheitswerten zu kämpfen. Sollten seine Demokraten bei den Zwischenwahlen nun deutlich besser abschneiden als erwartet, dürfte ihm das Rückenwind geben.