Pence lehnt Absetzung Trumps per Verfassungszusatz ab

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USA,

Seit den Krawallen vom Kapitol verlangen die Demokraten, dass US-Präsident Donald Trump sofort aus dem Amt verschwindet. Seinen Stellvertreter forderten sie auf, hierzu einen Prozess in Gang zu setzen. Doch Mike Pence schwieg tagelang - bis jetzt.

Auf Grundlage des 25. Zusatzartikels der Verfassung könnte Mike Pence den Präsidenten mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder für unfähig erklären, sein Amt auszuüben. Foto: Kevin Dietsch/POOL UPI/AP/dpa
Auf Grundlage des 25. Zusatzartikels der Verfassung könnte Mike Pence den Präsidenten mit einer Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder für unfähig erklären, sein Amt auszuüben. Foto: Kevin Dietsch/POOL UPI/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach den Krawallen seiner Anhänger am Kapitol steuert der abgewählte US-Präsident Donald Trump auf sein zweites Amtsenthebungsverfahren zu.

Im US-Repräsentantenhaus wird im Laufe des Mittwochs (Ortszeit) die Abstimmung über die offizielle Eröffnung eines solchen Impeachment-Verfahrens gegen Trump erwartet. Das Prozedere bis zum finalen Votum könnte sich nach deutscher Zeit bis in den späten Mittwochabend ziehen, womöglich sogar bis in die Nacht zu Donnerstag. Eine Mehrheit wird erwartet. Auch einzelne Abgeordnete der Republikaner kündigten an, dafür zu stimmen, ihren Parteikollegen aus dem Amt zu entfernen.

Die Demokraten hatten parallel versucht, Trumps sofortige Absetzung über einen Zusatzartikel der Verfassung zu erreichen. US-Vizepräsident Mike Pence, der dies gemeinsam mit Mitgliedern des Kabinetts hätte anstossen müssen, lehnte einen solchen Schritt am Dienstagabend (Ortszeit) aber offiziell ab.

Aufgebrachte Trump-Anhänger waren am Mittwoch vergangener Woche - nach einer aufstachelnden Rede Trumps - während einer Sitzung des Kongresses in das Kapitol eingedrungen und hatten dort Chaos und Zerstörung angerichtet. Mehrere Menschen kamen bei den Krawallen ums Leben. Der beispiellose Gewaltausbruch im politischen Zentrum der USA löste national wie auch im Ausland einen Schock aus. Die Demokraten machten Trump persönlich für die Ausschreitungen verantwortlich und forderten, ihn sofort aus dem Präsidentenamt zu entfernen - auch wenn Trumps Amtszeit in wenigen Tagen ohnehin endet.

Sie werfen Trump «Anstiftung zum Aufruhr» vor. Am Montag hatten die Demokraten eine Resolution mit diesem Anklagepunkt gegen Trump ins Repräsentantenhaus eingebracht. An diesem Mittwoch soll darüber abgestimmt werden. Kommt eine Mehrheit zustande, was zu erwarten ist, würde das Amtsenthebungsverfahren damit offiziell eröffnet.

Die Demokraten stellen im Repräsentantenhaus die Mehrheit. Am Dienstag kündigten auch einzelne republikanische Abgeordnete an, für eine Amtsenthebung Trumps zu stimmen. Unter ihnen: die hochrangige republikanische Abgeordnete Liz Cheney, die Tochter des früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney, die zur Führungsriege der Republikaner im Abgeordnetenhaus gehört. Trump habe den «Mob», der das Kapitol stürmte, zusammengetrommelt und die Attacke ausgelöst, erklärte sie. Nie habe es einen «grösseren Verrat» eines Präsidenten an seinem Amt und an seinem Eid auf die Verfassung gegeben.

Auch mehrere andere republikanische Abgeordnete kündigten ihre Unterstützung für eine Amtsenthebung Trumps an. Der Fernsehsender CNN berichtete unter Berufung auf republikanische Quellen, am Ende könnten bis zu 20 Abgeordnete der Partei mitziehen.

Eine Entscheidung in einem Amtsenthebungsverfahren fällt im Senat, der anderen Kongresskammer. Dort wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig, um Trump am Ende tatsächlich zu verurteilen. Dafür müssten sich weit mehr als ein Dutzend republikanische Senatoren auf die Seite der Demokraten schlagen. Einzelne Republikaner im Senat haben sich offen gegen Trump gestellt, aber bisher kein Ja zum Impeachment zugesagt.

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, sagte CNN, es könne womöglich ein politisches «Erdbeben» im Senat geben, das zu einer Mehrheit für Trumps Impeachment führen könnte. Schiff bezog sich dabei auf einen Bericht der «New York Times», wonach der führende Republikaner im Senat, Mitch McConnell, intern erkennen lassen habe, dass er den Anklagepunkt gegen Trump für gerechtfertigt halte. Unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen aus McConnells Umfeld schrieb die Zeitung, dieser sei froh, dass die Demokraten ein Impeachment-Verfahren angestossen hätten, weil das der republikanischen Partei erleichtern könne, sich von Trump loszusagen.

Den Demokraten geht es bei den Impeachment-Bemühungen auch darum, Trump möglichst für künftige Regierungsämter zu sperren. Damit würde ihm eine etwaige Präsidentschaftskandidatur 2024 verwehrt. Trump wäre der erste US-Präsident in der Geschichte, gegen den gleich zwei Amtsenthebungsverfahren eröffnet wurden. In einem ersten Verfahren hatte sich Trump in der sogenannten Ukraine-Affäre wegen Machtmissbrauchs und der Behinderung von Kongressermittlungen verantworten müssen, wurde am Ende aber im republikanisch dominierten Senat freigesprochen.

Neben einem regulären Amtsenthebungsverfahren gibt es einen schnelleren Weg, einen US-Präsidenten aus dem Amt zu entfernen: Zusatzartikel 25 der Verfassung erlaubt es, den Präsidenten für unfähig zu erklären, «die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben». Einen solchen Prozess können der Vizepräsident und eine Mehrheit der wichtigsten Kabinettsmitglieder in Gang setzen.

Nach den Krawallen vom Kapitol hatte die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Vizepräsident Pence öffentlich aufgerufen, eine Absetzung Trumps auf dieser Basis anzustrengen. Die Kongresskammer verabschiedete in der Nacht zu Mittwoch eine Resolution, in der Pence formal aufgerufen wurde, einen solchen Prozess in Gang zu setzen. Kurz vor dem Votum zu der Resolution hatte Pence aber klargemacht, dass er dazu nicht bereit ist.

In einem Schreiben an Pelosi erklärte er, ein solches Vorgehen sei weder im Interesse der Nation noch im Einklang mit der Verfassung und würde einen «schrecklichen Präzedenzfall» schaffen. Nach den «tragischen» Ereignissen der vergangenen Woche gehe es nun darum, das Land zu «heilen» und eine geordnete Amtsübergabe an die Regierung des künftigen demokratischen Präsidenten Joe Biden zu gewährleisten, der am 20. Januar vereidigt werden soll. Pence rief Pelosi und den Kongress dazu auf, jegliche Handlungen zu vermeiden, die weiter zur Spaltung und zum Aufheizen der Stimmung beitrügen.

Auch Trump wetterte am Dienstag, der «Amtsenthebungsschwindel» der Demokraten verursache «enorme Wut und Spaltung und Schmerz», was für die USA besonders gefährlich sei «in dieser sehr empfindlichen Zeit». Er selbst scheint sich keiner Schuld bewusst. Mit Blick auf seine Rede vor Unterstützern unmittelbar vor dem tödlichen Gewaltausbruch am Kapitol sagte Trump: «Sie wurde analysiert, und die Leute fanden, dass das, was ich gesagt habe, völlig angemessen war.»

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