US-Museum zeigt Werk von Annemarie Schwarzenbach
Die Schweizer Schriftstellerin, Fotografin und Weltenbummlerin Annemarie Schwarzenbach gehört zu den schillerndsten Figuren der modernen Schweizer Kulturgeschichte. Nun zeigt das Bechtler Museum of Modern Art in Charlotte, North Carolina, «Annemarie Schwarzenbach: Depature Without Destination».

Die rund 7000 Bilder umfassende Ausstellung, die sich ausschliesslich mit ihrem fotografischen Werk befasst, war unter dem Titel «Aufbruch ohne Ziel.
Annemarie Schwarzenbach als Fotografin« bis im Mai 2021 im Zentrum Paul Klee in Bern zu sehen. Die erstmalige Präsentation der Retrospektive in den USA kam denn auch durch die Zusammenarbeit der beiden Museen zustande.
Das Leben der antifaschistischen, lesbischen Autorin und Fotografin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942) war geprägt von Widersprüchen. Manchen erschien sie in ihrer jungenhaften Schönheit fragil. Auf der anderen Seite unternahm sie für ihre Reportagen Reisen, die damals selbst Männern zu gefährlich waren: nach Afghanistan etwa, in den Kongo oder in die Slums amerikanischer Industriestädte.
Nachdem sie schon mit 23 Jahren ihren Doktor in Geschichte gemacht und ihren ersten Roman «Freunde um Bernhard» veröffentlicht hatte, war Schwarzenbach zwei Jahre das androgyne Glamourgirl der Berliner Bohème. Männer wie Frauen beteten sie an.
Sie machte die unheilige Bekanntschaft mit Morphium und schlug sich die Nächte in einschlägigen Klubs um die Ohren. Trotz alledem verfasste sie in der Zeit vier Bücher, darunter «Lyrische Novelle» und «Flucht nach oben».
Nach Hitlers Machtergreifung 1933 flüchtete sie in ihre Heimat und reiste in den folgenden Jahren unter anderem durch den Orient, in die Sowjetunion und durch ganz Europa. In Teheran, wo sie bei Ausgrabungen mitarbeitete, heiratete sie den französischen Diplomaten Claude Clarac. Der Diplomatenpass soll ihr geholfen haben, österreichische Antifaschisten in die Schweiz zu bringen.
In knapp zehn Jahren schrieb sie über 300 Reisefeuilletons für Schweizer Zeitungen und schoss etwa 5000 Fotos. Von Reisen durch die von der Depression geprägten USA brachte sie den Stil der amerikanischen Dokumentarfotografie zurück. Den verrücktesten Trip machte sie 1939 mit ihrer Genfer Kollegin Ella Maillart - in einem Ford bis nach Afghanistan. Die Hoffnung der Eltern, sie könnte so drogenfrei werden, erfüllte sich nicht.
1940 verliebte sich Annemarie Schwarzenbach in den USA in die Schriftstellerin Carson McCullers, wurde aber nach einem Zusammenbruch zwangsweise in die Psychiatrie eingewiesen. Wieder zu Hause, starb ihr Vater. Es folgten Zusammenbruch, Suizidversuch und wiederum Psychiatrie. Das Schicksal versah ihr Leben mit einer seltsamen Pointe: Nachdem sie Drogenabhängigkeit, Suizidversuche und die wildesten Weltgegenden lebend überstanden hatte, erlag sie 1942 den Folgen eines Velo-Unfalls.