Tote bei US-Angriffen auf pro-iranische Milizen
In Wien verhandeln die USA und der Iran über ein neues Atomabkommen. Doch im Irak und auch in Syrien bekämpfen sich beide Seiten militärisch. US-Präsident Joe Biden setzt jetzt ein Zeichen.
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz Fortschritten bei den Atomgesprächen mit dem Iran haben die USA mit einem neuen Militärschlag den Druck auf die Führung in Teheran und deren Verbündete erhöht.
Bei Luftangriffen im syrisch-irakischen Grenzgebiet kamen in der Nacht auf Montag mehrere Kämpfer pro-iranischer Milizen ums Leben. Das US-Verteidigungsministerium sprach von einem notwendigen und angemessenen Defensivschlag. Aus dem Irak kam Kritik. Iran-treue schiitische Milizen drohten mit Vergeltung.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete sieben Todesopfer, die zu schiitischen Gruppen aus dem Irak gehört hätten. Zudem gebe es mehrere Schwerverletzte. Auch ein Waffenlager und ein Militärposten wurden demnach zerstört. Die schiitischen Milizen teilten mit, vier ihrer Kämpfer seien getötet worden. Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, ein Kind sei ums Leben gekommen.
Milizen fordern kompletten US-Abzug
Die bewaffneten Gruppen gelten als verlängerter Arm des schiitischen Iran und sind sowohl im Irak als auch in Syrien aktiv. Im Irak unterstehen die Milizen dem Oberbefehl von Regierungschef Mustafa al-Kasimi, führen aber ein Eigenleben. Sie waren an vorderster Front im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beteiligt und geniessen nicht zuletzt deswegen Popularität.
Zugleich fordern sie den Abzug der US-Truppen aus dem Irak. Seit Monaten kommt es dort immer wieder zu Angriffen auf Einrichtungen, die von den USA genutzt werden. Washington macht dafür pro-iranische Milizen verantwortlich.
Nach US-Angaben richteten sich die Luftangriffe gegen zwei Ziele in Syrien und eines im Irak. Auf Videos des US-Militärs ist zu sehen, wie mindestens drei Gebäude zerstört werden. Von dort hätten vom Iran unterstützte Milizen mit Drohnen Angriffe auf Personal und Einrichtungen im Irak gestartet, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby. Präsident Joe Biden habe die Aktion angeordnet, um weitere Angriffe zu unterbinden. Die USA beriefen sich auf Selbstverteidigung.
Biden habe mit diesem Angriff gezeigt, dass er handele, um US-Kräfte zu schützen, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums weiter. Die Luftschläge seien «notwendig, um der Bedrohung zu begegnen» und «angemessen in ihrem Umfang». Das Vorgehen sei so ausgestaltet, dass es das Risiko einer Eskalation begrenze, zugleich aber eine «abschreckende Botschaft» aussende.
Bagdad nicht glücklich über US-Luftangriffe
Iraks Militärsprecher Jijha Rassul warf den USA hingegen vor, die Souveränität des Landes verletzt zu haben. Der Irak lehne es ab, Schauplatz für die Begleichung von Rechnungen zu sein. Er rief dazu auf, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Die Führung der schiitischen Milizen im Irak verurteilte die Bombardierungen als «verbrecherischen Angriff», der Terrorgruppen stärke. Man behalte sich das Recht vor, darauf zu antworten. Die Milzen wiesen zugleich die Verantwortung für Angriffe auf US-Einrichtungen zurück.
Der Konflikt zwischen den USA und den pro-iranischen Milizen im Irak und in Syrien schwelt seit Jahren. Seinen Höhepunkt erreichte er Anfang vergangenen Jahres, als die USA noch unter Präsident Donald Trump bei einem Raketenangriff am Flughafen von Bagdad den iranischen Top-General Ghassem Soleimani und den irakischen Milizenanführer Abu Mahdi Al-Muhandis töteten.
Zuletzt hatte das US-Militär Ende Februar im Osten Syriens Luftangriffe geflogen. Dabei wurden zahlreiche Anhänger pro-iranischer Milizen getötet. Es war der erste Militärschlag seit Bidens Amtsantritt. Bei einem Raketenangriff auf die nordirakische Stadt Erbil waren zuvor ein ziviler Auftragnehmer der internationalen Militärkoalition getötet und mehrere Menschen verletzt worden.
Die US-Angriffe kommen zu einer Zeit, in der Verhandlungen über eine Rückkehr der USA zum Atomabkommen mit dem Iran laufen. Das Abkommen war 2015 zwischen dem Iran sowie den USA, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland und China geschlossen worden. Unter Trump stiegen die USA jedoch 2018 aus und verhängten massive Sanktionen. Im Gegenzug hielt sich auch der Iran nicht mehr an seine Verpflichtungen.
Seit mehreren Wochen laufen nun Gespräche über eine Rückkehr beider Länder zu den Vorgaben. Sowohl Teheran als auch Washington hatten zuletzt von Fortschritten gesprochen. US-Unterhändler betonten jedoch, es gebe noch «ernsthafte Differenzen» und bislang seien noch keinerlei Vereinbarungen festgezurrt: «Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist.»