Venezuela: Benzin nicht länger kostenlos
Bis anhin kostete Benzin in Venezuela sozusagen nichts. Die Regierung hebt nun die Preise an.
Das Wichtigste in Kürze
- Venezuelas Präsident Nicolas Maduro will die Benzinpreise erhöhen.
- Für einen Euro erhielt man bis anhin eine Million Liter Treibstoff.
Im südamerikanischen Venezuela fehlt es praktisch an allem. Benzin aber verschleudert die Regierung bislang zu absurd niedrigen Preisen. Für umgerechnet einen Euro können die Venezolaner eine Million Liter Treibstoff kaufen. Damit soll jetzt Schluss sein.
Mit einem Euro kann man in Venezuela einen Kaffee trinken gehen oder 20'000 Mittelklassewagen volltanken. Grundnahrungsmittel wie Reis, Milch und Öl sind in dem krisengebeutelten Land nur schwer aufzutreiben. Benzin hingegen gibt es meistens – und praktisch gratis. Ein Liter kostet sechs Bolívar, für umgerechnet einen Euro gibt es rund eine Million Liter Treibstoff.
Damit soll nun Schluss sein. Von diesem Montag an will die sozialistische Regierung die Treibstoffpreise langsam auf internationales Niveau anheben. «Ich hoffe, dass wir in zwei Jahren diese Missbildung beenden, die über lange Zeit gewachsen ist: Wir haben das Benzin praktisch verschenkt», sagte Präsident Nicolás Maduro.
Florierender Schmuggel
Die Regierung geht davon aus, dass sie allein durch Benzinschmuggel nach Kolumbien und in die Karibik pro Jahr 18 Milliarden Dollar verliert. Registrierte Regierungsanhänger, Sozialhilfeempfänger und der öffentliche Nahverkehr sollen aber weiterhin durch direkte Subventionen unterstützt werden.
Venezuelas einst stolze Ölindustrie ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Fördermenge ist auf zuletzt rund 1,36 Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag gesunken, den niedrigsten Stand seit mehr als 50 Jahren.
Weil die staatliche Erdölfirma PDVSA seit Jahrzehnten nicht mehr in moderne Fördertechnik, Instandhaltung ihrer Anlagen und Ausbildung von Personal investiert, kann das Land mit den grössten Ölreserven der Welt seinen Reichtum kaum abschöpfen.
Ausgeblutete Industrie
«Die Regierung hat über Jahre jeden Dollar, den sie bekommen konnte, aus dem Unternehmen herausgenommen», sagt Francisco Monaldi vom Baker Institute for Public Policy. Die sprudelnden Gewinne pumpte die Regierung in milliardenschwere Sozialprogramme. Zu Zeiten hoher Ölpreise ging das einigermassen gut, als die Preise allerdings sanken, geriet Venezuela arg in die Bredouille.
Wegen des desolaten Zustands der Förderanlagen kann Venezuela derzeit noch nicht einmal von den wieder anziehenden Ölpreisen profitieren. Der Preisanstieg reicht nicht aus, um die Verluste durch die sinkende Förderung auszugleichen.
Zudem kann Venezuela gar nicht seine gesamte Produktion auf dem freien Weltmarkt verkaufen, weil ein wesentlicher Teil schon verplant ist. So bezahlt das hoch verschuldete Land seine Kredite in Russland und China mit Öllieferungen und schickt auch dem sozialistischen Verbündeten Kuba noch immer Öl zum Vorzugspreis.