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Patrick Hässig: Anonymität im Internet schadet Gesellschaft

Patrick Hässig
Patrick Hässig

Zürich,

Noch nie war es so einfach, seine Meinung frei zu äussern wie heute. Wir sollten aber mit unserem Namen zu den Meinungen stehen, findet Patrick Hässig.

Stammtisch
Der Stammtisch: eine hervorragende Stätte der Meinungsbildung. - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Internet soll jeder seine Meinung schreiben dürfen.
  • Aber bitte als Mensch und mit seinem richtigen Namen.
  • Eine Kolumne von GLP-Nationalrat Patrick Hässig.

Noch selten ist in den letzten Jahrzehnten eine solch hitzige und fast schon aggressiv aufgeladene Diskussion rund die Meinungsäusserungsfreiheit entstanden und geführt worden.

Die einen sehen die Freiheit, die eigene Meinung zu äussern, akut gefährdet. Die anderen fürchten einen Dammbruch durch Äusserungen von den politischen Extremen. Links wie rechts.

Ein tiefverwurzeltes Gut

Was in den Diskussionen oft vergessen geht: Noch nie war und ist es so einfach gewesen, seine Meinung frei und auch global zu äussern wie heute.

Patrick Hässig Schweizer Armee
Patrick Hässig sitzt seit 2023 für die GLP im Nationalrat. Er schreibt auf Nau.ch regelmässig Kolumnen. - zVg

Die Meinungsäusserungsfreiheit ist ein tiefverwurzeltes Gut und ist unantastbares Fundament der Demokratie.

In der Schweiz jedoch war die Meinungsäusserungsfreiheit weder im Text der Bundesverfassung von 1848 noch in der Verfassung von 1874 verankert.

Artikel 16 Absatz 2 der Bundesverfassung der Schweiz garantiert heute die Meinungsäusserungsfreiheit mit dem Text: «Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert zu äussern und zu verbreiten.»

Kein Freipass

Warum also diese ganze Aufregung rund um die Meinungsäusserungsfreiheit?

Ein Hauptgrund dafür ist, dass sich einige zunehmend daran stören, dass man trotz eigentlich garantierter Meinungsfreiheit heute nicht alles sagen darf.

Dabei war Meinungsfreiheit noch nie gleichbedeutend mit einem Freipass, alles sagen zu dürfen. Es gab schon immer gewisse Einschränkungen. Und das ist auch gut so.

Stammtisch hervorragende Stätte der Meinungsbildung

So ist unter dem Schweizer Strafrecht beispielsweise verboten, öffentlich zu Hass oder Diskriminierung gegen Personengruppen aufzurufen.

Und damit sind wir mitten in der Diskussion von 2025: Hat vor dem «Social-Media-Zeitalter» jemand seine Meinung äussern wollen, so musste er dies erkennbar mit Namen und Gesicht tun.

Es gab die Möglichkeit, an Demonstrationen seinen Unmut kundzutun oder am Stammtisch zu wettern. Eine hervorragende Stätte der Meinungsbildung.

Doch alle am Tisch wussten, was der Heiri, die Silvia oder der Wolfgang für Meinungen äussern und vertreten.

Diskriminierende Nachrichten

Selbst wenn man einen Leserbrief geschrieben hatte, musste man seinem richtigen und zurückverfolgbaren Namen angeben. Anonyme Leserbriefe waren und sind bei den meisten Zeitungen tabu und werden nicht gedruckt.

Hast du auch schon einmal Hassnachrichten erhalten?

Im Gegensatz dazu ist heute vieles schnell geschrieben und als «Schoggiananas24» in Sekunden um den Globus geschickt – inklusive hasserfüllter oder diskriminierender Nachrichten.

Deckmantel von Anonymität

Unter dem Deckmantel von Anonymität zu posten, verleitet viele Personen dazu, Dinge zu sagen, die sie ihren Mitmenschen niemals Angesicht zu Angesicht sagen würden.

Social Media
Hass ist vor allem auf Social Media ein grosses Problem. - Pexels

Dadurch wird die Debattenkultur aggressiver, Kompromisse und Lösungsfindungen werden schwieriger und die Gefahr von Spaltungen in der Gesellschaft nimmt zu.

Desinformationskampagnen

Dazu kommt: Wenn man zulässt, dass Debatten über die Politik von anonymen Profilen geführt werden, dann öffnet das Tür und Tor für Einflussnahme und Desinformationskampagnen von ausländischen Bots und Fake-Profilen.

Besonders Russland nutzt das Internet gezielt, um westliche Gesellschaften zu spalten und Konflikte zu schüren – ein Element des modernen hybriden Krieges. Die Schweiz darf dem nicht tatenlos zusehen.

Ich finde deshalb: Wir sollten mit unserem Namen zu unseren Meinungen stehen. Und uns den Diskussionen stellen.

Und in der Politik sollten wir ernsthaft darüber nachdenken, eine Pflicht einzuführen, sich bei Online-Plattformen mit seinem richtigen Namen zu identifizieren.

Soll künftig auf Online-Plattformen nur noch unter dem richtigen Namen geschrieben werden?

Ja, es ist wichtig, dass man im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen seine Meinung im Internet frei äussern darf.

Aber bitte als Mensch mit seinem Namen und nicht als Phantom oder Troll unter dem Deckmantel der Anonymität. Uns und unserer Gesellschaft zuliebe.

Zur Person: Patrick Hässig (45) sitzt seit 2023 für die GLP im Nationalrat. Er ist wohnhaft in der Stadt Zürich und arbeitet als diplomierter Pflegefachmann HF auf einem Kindernotfall. Für Nau.ch schreibt er regelmässig Kolumnen.

Kommentare

User #2606 (nicht angemeldet)

Herr Hässig in 10 Jahren: „Warum wir auch Videoüberwachung in den eigenen 4 Wänden brauchen, um die Gesellschaft zu retten“ „Unabgehörtes Reden Zuhause mit der Familie schadet der Gesellschaft – Jeder Dialog muss überwacht werden“ „‚Der nächste Schritt: Eine zentrale Plattform für alle Gedanken und Meinungen, die die Gesellschaft stärken‘“ „Warum jeder Anonymität im Internet abschwören muss, um als verantwortungsbewusster Bürger zu gelten“

User #1715 (nicht angemeldet)

Sobald mich jemand vor etwas schützen will, werde ich misstrauisch. Ich bin Nauleser, ich kann Hasstiraden ertragen. Ausserdem, was hat der ganze Schutz gebracht, der Schutz vor Viren, vor den Russen, vor dem Klima?

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