150 Jahre Mohandas Karamchand Gandhi: Indien vergisst Gründervater
Gewaltloser Widerstand und religiöser Friede: 150 Jahre nach der Geburt von Mohandas Karamchand Gandhi sehen in Indien viele seine Werte in Gefahr.
Das Wichtigste in Kürze
- Gandhi kämpfte für gewaltlosen Widerstand und religiösen Frieden.
- In Indien befürchten viele, dass er 150 Jahre nach seiner Geburt in Vergessenheit gerät.
- Sie kritisieren, die Haltung der Regierung widerspreche Ghandis Wertvorstellungen.
Seine letzten Schritte führten Mohandas Karamchand Gandhi durch den üppigen tropischen Garten eines Freundes. Er wollte dort mit Menschen aller Kasten und Glaubensrichtungen beten. Doch dann kam sein Mörder, ein Hindu-Fanatiker. Er küsste Gandhis Füsse und schoss ihm dann in die Brust.
So starb der 78 Jahre alte Widerstandskämpfer. Er hatte die britischen Kolonialherren mit Märschen, Massenprotesten und Hungerstreiks ganz ohne Gewalt aus Indien vertrieben.
Von seinen eigenen Leuten vergessen
Auch heute, mehr als 70 Jahre nach seinem Tod, kommen noch Besucher in den Garten in Neu Delhi. Meist seien es ausländische Touristen, sagt ein Mitarbeiter der Gedenkstätte, der seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte.
Gandhi, der am 2. Oktober 1869 geboren wurde, werde von seinen eigenen Leuten vergessen, klagt er. Indien sei eine Konsumgesellschaft geworden. «Ich glaube, niemand erinnert sich mehr daran, welche Opfer er gebracht hat», meint er.
Die Bedeutung Gandhis nehme in seinem Geburtsland zunehmend ab, sagen auch viele Intellektuelle. So etwa der Soziologe Shiv Visvanathan von der Jindal Global Law School in der Nähe Neu Delhis. Mohandas Karamchand Gandhi habe das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen propagiert, sagt er.
Regierung schickt Soldaten
Dem widersprächen aber die Pläne der hindu-nationalistischen Regierung des jetzigen Premierministers Narendra Modi. Kürzlich etwa entzog er der mehrheitlich von Muslimen bewohnten Kaschmir-Region einen Sonderstatus. Auch verlor die Region die Selbstverwaltungsrechte, um sie stärker in das mehrheitlich hinduistische Land zu integrieren.
Um Proteste der dortigen Bevölkerung zu verhindern, stellte er Internet und Telefonnetze ab und schickte Zehntausende Soldaten in die Region.
Zudem liessen einige Politiker der hindunationalistischen Partei Modis Statuen von Gandhis Mörder bauen. Ihnen missfiel Gandhis Nähe zu Muslimen. Und sie sehen ihn in der Verantwortung für die Teilung des indischen Kolonialreichs in Indien und Pakistan.
Mohandas Karamchand Gandhi ist in Indien überall
Trotzdem – am Mittwoch wird der 150. Jahrestag von Gandhis Geburt mit viel Pomp gefeiert. Der Mann ist irgendwie noch überall: Er lächelt 1,3 Milliarden Bürgern von jeder Banknote entgegen. Zudem sind viele Strassen nach ihm benannt und überall findet man Zeichnungen seiner runden Brille.
Und für den Direktor des Gandhi-Museums in Delhi, Alagan Annamalai, ist klar: «Regierungen können Gandhi lieben oder hassen, aber sie können ihn nicht ignorieren.»