Amnesty International: Mehr als 100 Tote nach Protesten im Iran
Amnesty International spricht von einem entsetzlichen Muster gesetzeswidriger Tötungen im Iran. Die Kritik am Umgang der Regierung mit Demonstranten nimmt zu.
Das Wichtigste in Kürze
- Amnesty spricht von einem entsetzlichen Muster gesetzwidriger Tötungen im Iran.
- Die internationale Kritik am Umgang der Regierung mit den Demonstranten wächst.
Bei den landesweiten Protesten im Iran sind laut Amnesty International mindestens 106 Menschen in 21 Städten getötet worden.
Dies gehe aus Berichten hervor, die die Organisation erreicht hätten, twitterte Amnesty am Dienstag. Verifiziertes Videomaterial, Aussagen von Augenzeugen und Informationen von Aktivisten ausserhalb des Irans offenbarten ein entsetzliches Muster gesetzeswidriger Tötungen durch iranische Sicherheitskräfte.
Die Angaben von Amnesty stehen im krassen Gegensatz zu den Zahlen in staatlich kontrollierten und damit fast amtlichen iranischen Medien. Demnach sollen seit Freitag neun Menschen ums Leben gekommen sein; vier Demonstranten, drei Mitglieder der Revolutionsgarden und zwei Polizisten. Etwa 1000 Menschen seien festgenommen worden.
Regierung spricht von Beruhigung der Lage
Zwar sprach die Regierung am Dienstag von einer leichten Beruhigung der Lage. Doch die weitgehende Sperrung des Internets den vierten Tag in Folge wurde als Hinweis darauf gedeutet, dass es noch Unruhen und Proteste geben könnte.
Das Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen die Protestler lösten international Kritik und Sorge aus. Das UN-Menschenrechtsbüro rief die Regierung in Teheran am Dienstag dazu auf, mit der Bevölkerung in einen Dialog zu treten. «Proteste dieser Art und dieses Ausmasses sind ein Zeichen für tiefsitzende und oft begründete Missstände.» Diese könnten nicht einfach beiseite geschoben werden, sagte UN-Sprecher Rupert Colville in Genf.
«Wir sind sehr besorgt über die berichteten Verstösse gegen internationale Normen und Standards hinsichtlich der Anwendung von Gewalt. Eingeschlossen der Verwendung von scharfer Munition gegen Demonstranten», so Colville. Er rief die Regierung auch dazu auf, den Zugang zum Internet und zu anderen Kommunikationsformen sofort wiederherzustellen.
Der Iran steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die durch die harten US-Sanktionen gegen das Land ausgelöst wurde. Als Konsequenz daraus hatte die iranische Regierung in der Nacht zum Freitag Benzin rationiert. Zugleich hatte sie die Kraftstoffpreise erhöht, was heftige Proteste auslöste. Die US-Regierung legt es mit einer Politik des «maximalen Drucks» darauf an, Irans Regierung zur Neuverhandlung eines internationalen Atomabkommens zu zwingen.