Anschlagsgefahr in Sri Lanka noch nicht gebannt
Vier Tage nach den blutigen Anschlägen in Sri Lanka ist die Gefahr weiterer Angriffe offenbar nicht gebannt: Im ganzen Land bleiben die katholischen Kirchen auf Anraten der Sicherheitsbehörden vorerst geschlossen, während die Suche nach weiteren Verdächtigen intensiviert wurde.
Das Wichtigste in Kürze
- Kirchen im Land bleiben geschlossen - Israel gibt Reisewarnung aus.
In einer Reisewarnung rief Israel unterdessen alle Bürger auf, Sri Lanka schnellstmöglich zu verlassen oder geplante Reisen dorthin nicht anzutreten.
Das Anti-Terror-Amt des israelischen Ministerpräsidenten sprach am Donnerstag von einer «erhöhten konkreten Gefahr» - die Bedrohung wurde auf Stufe vier von fünf eingeschätzt. Die Reisewarnung werde aufgrund der «Verschlechterung der Sicherheitslage und der Sorge vor weiteren Anschlägen» erlassen, hiess es in der Erklärung weiter.
Bei den Anschlägen auf drei Fünf-Sterne-Hotels und drei christliche Kirchen sowie bei zwei weiteren Explosionen waren am Ostersonntag nach offiziellen Angaben 359 Menschen getötet und über 500 weitere verletzt worden. Ein Anschlag auf ein viertes Hotel in der Hauptstadt Colombo schlug fehl. Die Sicherheitskräfte verfolgten den Angreifer bis zu einem Gästehaus, wo er sich in die Luft sprengte und zwei Menschen mit sich in den Tod riss.
Bei der Durchsuchung eines weiteren Gebäudes töteten zwei Selbstmordattentäter - ein Mann und eine Frau - sich selbst und drei Polizisten. Unter den Opfern sind auch dutzende ausländische Touristen sowie mindestens 45 Kinder. Später wurden weitere Bomben und Zünder gefunden.
Die Behörden in Colombo machen die einheimische Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) für die Anschläge verantwortlich, gehen aber davon aus, dass sie ausländische Unterstützung gehabt haben muss. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Tat für sich.
Sri Lankas Sicherheitsbehörden nahmen bislang 75 Verdächtige fest. An der Suche nach weiteren Tätern und Hintermännern beteiligten sich tausende Soldaten von Armee, Marine und Luftwaffe. Am Donnerstag wurden ihre Zahl nochmals um über 3000 aufgestockt. Gleichzeitig wurden alle Drohnenflüge verboten und Pläne verschoben, während der Nebensaison ab Mai die Visapflicht für 39 Staaten aufzuheben.
Regierung und Behörden stehen unter grossem Druck, da es im Vorfeld der blutigen Anschläge konkrete Hinweise und Warnungen gegeben hatte. Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene sprach am Mittwoch von schwerwiegenden Versäumnissen der Sicherheitsbehörden, da die Informationen nicht weitergegeben worden seien. Unter anderem Präsident Maithripala Sirisena versichert, nicht informiert gewesen zu sein, obwohl er auch Verteidigungsminister und Minister für Recht und Ordnung ist.
Der höchste Beamte des Verteidigungsministeriums musste nun seinen Posten räumen. Hemasiri Fernando habe dem Präsidenten sein Rücktrittsschreiben übergeben, sagte ein Ministeriumsvertreter.
Nach Angaben eines indischen Sicherheitsvertreters warnte Indien mehrfach seinen Nachbarn vor möglichen Selbstmordanschlägen auf Kirchen und die indische Botschaft, zuletzt zwei Wochen vor Ostersonntag. Die Hinweise stützten sich demnach auf Erkenntnisse aus einer Razzia im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, bei der sieben Verdächtige festgenommen und mehrere Dokumente beschlagnahmt wurden.
Indischen Medienberichten zufolge erging die erste Warnung bereits im vergangenen Dezember an die Behörden in Sri Lanka. Laut dem indischen Vertreter enthalten Videos «Drohungen durch einen radikalen Anführer aus Sri Lanka, die auf mögliche Selbstmordanschläge schliessen liessen». Den Medienberichten zufolge handelte es sich bei dem Mann um NTJ-Chef Zahran Hashim.
Hashim steht im Zentrum des IS-Bekennervideos. Unklar ist aber bisher, ob er unter den mutmasslichen Selbstmordattentätern war oder auf der Flucht ist.
Bestätigt ist inzwischen, dass zwei der Attentäter Söhne eines wohlhabenden Gewürzhändlers aus Colombo waren, dessen Vater inzwischen in Gewahrsam genommen wurde. Ein weiterer hielt sich zu Studien in Grossbritannien und Australien auf. Auch die meisten der anderen Angreifer waren laut den srilankischen Behörden gut ausgebildet und kamen aus wohlhabenden Familien.