Armuts-Krise: Englische Lehrer müssen Schülern Kleider waschen
Britische Kinder kommen heutzutage oft hungrig und erschöpft zur Schule. Ihre Lehrer schlagen Alarm. Doch die Regierung tut wenig gegen die Armuts-Krise.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Armuts-Krise in Grossbritannien wird immer schlimmer.
- Kinder sind von der Lage besonders betroffen.
- Sie müssen oft hungrig zur Schule gehen – und sind auf die Hilfe ihrer Lehrer angewiesen.
- Das System kann den Zustand der Dinge nicht mehr lange aufrechterhalten, warnen Experten.
Schulen in England stehen vor einer wachsenden Herausforderung. Dank steigender Kinderarmut müssen sie Schüler nicht mehr nur mit Bildung versorgen. Sondern auch mit grundlegendsten Bedürfnissen – wie Nahrung, Kleidung und sogar Schlafplätzen. Dies berichten Schulleiter aus dem ganzen Land gegenüber dem «Observer».
So schildert der Leiter einer Grundschule in einem benachteiligten Gebiet im Nordwesten Englands ein besonders schlimmes Beispiel. Ein Kind an seiner Schule würde nicht bei sich zu Hause duschen können, weil das Bad «ekelhaft» sei. Seine Familie könne sich keine Reinigungsmittel leisten.
Anderen Kindern wäscht die Schule die Uniformen, weil ihre Eltern keine Waschmaschine besitzen.
Schreckliche Bedingungen wegen Armuts-Krise
Viele dieser Kinder leben unter «verzweifelt vernachlässigenden» Bedingungen: Sie schlafen auf Sofas oder teilen sich ein Bett mit mehreren Geschwistern oder ihrer Mutter. Manche haben nicht genug Decken und frieren deswegen nachts, sagt zum Beispiel Katrina Morley vom Tees Valley Education Trust. Oder ihre Häuser sind marode – Fensterscheiben sind zerbrochen und es gibt keine Vorhänge oder Heizung.
Die Folgen dieser Armut zeigen sich, so die Schulleiter weiter, auch im Unterricht. Einige Kinder schlafen während der Lektionen ein, weil sie zu Hause nicht genügend Ruhe bekommen. Die Schulen versuchen, diesen Kindern zu helfen, indem sie ihnen erlaubt, ein bis zwei Stunden im Schulgebäude zu schlafen.
Doch dies kann keine langfristige Lösung sein.
Ein Bericht des Thinktanks «Child of the North» und des «Centre for Young Lives» warnt, dass Schulen zur Frontlinie werden. Sie fordern die britische Regierung auf, mehr Geld bereitzustellen. So könnte den über vier Millionen in Armut lebenden Kindern in Grossbritannien besser geholfen werden.
Schulen als letzte Bastion für Kinder
«Die Regierung hat in den letzten zehn Jahren öffentliche Dienstleistungen abgebaut. Die Schulen sind die letzten verbliebenen Institutionen», sagt Anne Longfield vom Centre for Young Lives.
Ben Davis von der St Ambrose Barlow RC High School in Salford betont: «Es gibt diese einfache Vorstellung, dass Bildung Menschen aus der Armut holt. Aber wir müssen etwas tun, um die Auswirkungen der Armut abzumildern. Sonst können Kinder nicht lernen».
Seine Schule beschäftigt eine Vollzeit-Therapeutin, um den Kindern zu helfen, die sich für ihre Armut schämen. Wodurch viele sonst anfällig für kriminelle Ausbeutung werden.
Ein Sprecher des Bildungsministeriums betont, dass die Regierung versteht, unter welchem Druck viele Haushalte stehen. Sie habe daher die Berechtigung für kostenlose Schulmahlzeiten mehr als jede andere Regierung in den letzten 50 Jahren ausgeweitet.