Bossa-Nova-Legende João Gilberto ist tot
Das Wichtigste in Kürze
- Der legendäre brasilianische Sänger und Gitarrist João Gilberto ist tot.
Er starb am Samstag im Alter von 88 Jahren in seinem Haus in Rio de Janeiro, wie das Kulturministerium mitteilte.
«Ein Genie ist gestorben, das die brasilianische Musik revolutioniert und in der ganzen Welt bekannt gemacht hat», sagte Kulturminister Henrique Pires. «Seine Arbeit ist brasilianisch und universell zugleich. Der von ihm geschaffene Bossa-Nova-Beat wird in jedem Land der Welt mit Brasilien in Verbindung gebracht.» Auch Brasiliens Staatschef sprach Gilbertos Familie sein Beileid aus. «Ich bedauere seinen Tod. Er war eine sehr bekannte Person», sagte Präsident Jair Bolsonaro.
Der Musiker galt als der Vater des Bossa Nova. Durch seine Interpretationen von «Das Mädchen aus Ipanema» und «Chega de Saudade» (Nie mehr Sehnsucht) gelangte er zu Weltruhm.
Auch viele Weggefährten und Kollegen erinnerten sich an den Ausnahme-Musiker. «João Gilberto ist von uns gegangen, das grösste Genie der brasilianischen Musik», schrieb die Sängerin Gal Costa auf Instagram. «Er wird sehr vermisst werden. Sein Erbe hat eine grosse Bedeutung für Brasilien und die Welt.» Die Unesco, Weltkulturorganisation der Vereinten Nationen, würdigte Gilberto am Sonntag auf ihrer Welterbe-Tagung in Baku (Aserbaidschan) mit einer Schweigeminute.
«Mein Gott, was wir für einen Spass hatten. Vielen Dank für alles, was du mich gelehrt hast: Auf alle Harmonien und Melodien zu achten und jeden Moment des Lebens zu lieben, als gäbe es kein Morgen», schrieb seine Tochter Bebel Gilberto auf Instagram. «Mein Lieber, mögen die Engel und Mutter dich willkommen heissen. Ruhe in Frieden. Ich liebe dich.»
Gilberto brach mit 16 Jahren die Schule ab und zog nach Salvador, um Musik zu machen. Später ging er nach Rio de Janeiro und schloss sich dort der Gruppe Garotos da Lua an. Zwar nahm er bereits damals einige Singles auf, allerdings war er als Musiker grösstenteils erfolglos, bis er den typischen Rhythmus des Bossa Nova erfand. Bei der «Neuen Welle» der brasilianischen Musik handelte es sich um eine moderne Mischung von Samba und Jazz. Für die Arrangements seiner Lieder arbeitete er auch immer wieder mit dem deutsch-amerikanischen Komponisten Claus Ogerman zusammen.
Zuletzt lebte Gilberto Medienberichten zufolge schwer krank und hoch verschuldet in Rio de Janeiro. «Mein Vater ist gestorben. Sein Kampf war edel. Er hat versucht, seine Würde zu bewahren, während er seine Eigenständigkeit immer weiter verlor», schrieb sein Sohn João Marcelo Gilberto am Samstag auf Facebook.
Als erster grosser Bossa-Nova-Hit gilt «Chega de Saudade», das von Antônio Carlos Jobim und Vinícius de Moraes geschrieben und von Gilberto interpretiert wurde. Mit seiner Album-Trilogie «Chega de saudade» (1959), «O amor, o Sorriso e a Flor» (1960) und «João Gilberto» (1961) machte er den Bossa Nova auch ausserhalb von Brasilien populär.
«Das Mädchen aus Ipanema» beispielsweise wurde zunächst von Gilbertos Frau Astrud auf Portugiesisch eingesungen, später aber ins Englische («The Girl from Ipanema») übersetzt und von zahlreichen Künstlern interpretiert, darunter von Frank Sinatra. Für sein Werk wurde Gilberto mit zwei Grammy-Awards ausgezeichnet, sechsmal war er nominiert.
Gilberto war es gelungen, seine Musik in die ganze Welt hinauszutragen und auch den Jazz in den USA zu beinflussen. Als wichtiges Werk gilt das Album Getz/Gilberto aus dem Jahr 1964, das er gemeinsam mit dem US-Saxofonisten Stan Getz aufnahm.
«Das ist ein monumentaler Verlust, nicht nur für den Bossa Nova, sondern für die gesamte brasilianische Musik», sagte der Journalist und Bossa-Nova-Experte Ruy Castro im Fernsehsender Globo TV. Der Sänger Caetano Veloso sagte: «Für mich war João Gilberto der grösste Künstler überhaupt.»