Der geflüchtete Ex-Nissan-Chef Carlos Ghosn gibt eine Pressekonferenz in Beirut. Er will über seine Flucht von Japan in den Libanon und über die Vorwürfe reden.
Carlos Ghosn an der Pressekonferenz.

Das Wichtigste in Kürze

  • Carlos Ghosn ist im Dezember von Japan in den Libanon geflüchtet.
  • Heute Mittwoch informierte der Ex-Nissan-Chef in Beirut in einer Pressekonferenz.
  • Von Japan wird ihm vorgeworfen, gegen Börsenauflagen verstossen zu haben.
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Carlos Ghosn, der in Japan unter anderem wegen Verstosses gegen Börsenauflagen angeklagt ist, war im vergangenen Monat wegen Verstoss gegen Japans Kautionsauflagen überraschend in den Libanon geflohen.

Weitere Einzelheiten wollte Ghosn heute Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Beirut nennen. Er habe «seit November 2018 keinen Moment der Freiheit gehabt», erklärt er dort. Er geniesse darum die momentane Freiheit mit seiner Familie zusammen.

Nach seiner Flucht wolle er sich darum nun bei seiner Familie bedanken – seiner Frau Carole und seinen vier Kindern.

Carlos Ghosn
Carlos Ghosn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von Renault-Nissan-Mitsubishi, und seine Frau Carole. - dpa-infocom GmbH

Er wolle aber nicht genauer über die Flucht sprechen, sagt Ghosn an der Pressekonferenz. Wichtiger sei, warum er geflohen ist. Die Verhaftung am Flughafen im Jahr 2018 sei völlig unerwartet gekommen – wie der Angriff auf Pearl Harbour. Er habe damals noch nicht gewusst, dass Nissan mit den Behörden zusammenarbeite.

In Haft sei er stundenlang ohne Anwälte verhört worden. Er sei im schlechten japanischen Rechtssystem gedrängt worden, zu gestehen. «Es ging nicht darum, die Wahrheit zu finden. Das Ziel war nur, den Fall stichfest zu machen.»

«Entweder du stirbst in Japan oder du verlässt das Land»

130 Tage lang sei er in Einzelhaft gesessen. Nach draussen durfte er nur 30 Minuten pro Tag. Zweimal pro Woche durfte er duschen. Für ihn sei klar gewesen: «Entweder du stirbst in Japan oder du verlässt das Land.»

Er sei aus Japan geflohen, weil er Gerechtigkeit wolle – nicht weil er vor der Gerechtigkeit flüchten wolle. In den japanischen Medien sei er zudem als «kalter, gieriger Diktator» bezeichnet worden. «Ich bin unschuldig, was alle Vorwürfe betrifft», erklärt er vor den Medien.

Langjährige Haftstrafe droht

Der Ex-Automanager war am 19. November 2018 in Tokio wegen Verstosses gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Im April 2019 wurde er unter strengen Auflagen auf Kaution aus der U-Haft entlassen. Ghosn hat die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit.

Ghosn-Wohnung in Japan durchsucht
Medienteams versammeln sich vor der Tokioter Residenz des in den Libanon geflohenen früheren Nissan-Verwaltungsratschefs Carlos Ghosn während einer Durchsuchung der japanischen Staatsanwaltschaft. - dpa

In Japan, wo es bei rund 99 Prozent der Fälle zu einem Schuldspruch kommt, droht dem Ex-Chef von Renault-Nissan eine langjährige Haftstrafe. Amnesty International kritisiert die japanische Justiz deswegen regelmässig.

Auch Interpol, die internationale kriminalpolizeiliche Organisation, hat einen Haftbefehl gegen Ghosn erlassen.

Filmreife Flucht aus Japan

Ghosn soll in einer Kiste versteckt aus Japan in den Libanon geflohen sein. Zu der Flucht mit einem Privatjet hätten ihm zwei hierzu eingereiste Amerikaner geholfen, berichteten japanische Medien am Dienstag unter Berufung auf Ermittlerkreise. Dies habe die Analyse von Aufnahmen mehrerer Sicherheitskameras ergeben.

Auf der Pressekonferenz erklärt er schliesslich, er wolle nun seinen Namen reinwaschen auf längere Frist. Seine Anwälte würden den internationalen Haftbefehl anfechten. Er sehe sich aber nicht als Gefangener im Libanon und sei glücklich hier.

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