Chinas Volkskongress verspricht Öffnung per Gesetz
Der Handelskrieg mit Washington bremst Chinas Wachstum. Mit neuen Regeln für ausländische Firmen will Peking die Wogen glätten. Doch die USA und Europa bleiben skeptisch.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor dem Hintergrund des Handelsstreits mit den USA und zunehmender Kritik aus Europa geht China auf ausländische Unternehmen und Investoren zu.
Zum Abschluss seiner Jahrestagung segnete der Volkskongress ein neues Gesetz ab, das auf die Benachteiligung ausländischer Firmen in China eingeht und nach aussen hin fairen Wettbewerb zusichert.
«Wenn wir Öffnung versprechen, werden wir mit Sicherheit liefern», sagte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang auf einer Pressekonferenz im Anschluss an den Volkskongress. Das neue Investitionsgesetz sei entworfen worden, «um die Rechte und Interessen ausländischer Investoren zu schützen».
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) äusserte sich kritisch zum neuen Gesetz. Zwar würden Knackpunkte behandelt, «leider bleibt der Gesetzestext an zu vielen Stellen unkonkret und lässt Platz für viele Ausnahmen», sagte Stefan Mair, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Es gebe «weiterhin keine Gleichstellung ausländischer mit chinesischen Unternehmen».
Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin sprach von einem klaren Signal «an die USA, aber auch an Europa, dass Peking weitere Schritte zur Marktöffnung unternimmt». Trotz «substanzieller Verbesserungen» sei das Gesetz aber vor allem eine symbolische Geste. Der chinesischen Führung blieben weiterhin genügend Spielräume, um den Zugang für ausländische Firmen zu erschweren.
Beobachter wiesen darauf hin, dass das Gesetz als Reaktion auf den Handelsstreit mit den USA deutlich beschleunigt vorgelegt worden sei. Beide Länder überziehen sich seit Monaten gegenseitig mit hohen Sonderzöllen. Inzwischen ist rund die Hälfte aller US-Einfuhren aus China mit zusätzlichen Zöllen belastet.
Li Keqiang wünschte sich am Freitag ein schnelles Ende des Streits. Er hoffe, dass bei den Verhandlungen «gute Ergebnisse» erzielt werden. Die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt seien eng verflochten. Eine Entkopplung sei weder realistisch noch möglich.
In dem laufenden Konflikt hatte US-Präsident Donald Trump kurz zuvor eine Einigung oder ein Scheitern der Verhandlungen in den kommenden Wochen in Aussicht gestellt. «Wahrscheinlich werden wir auf die eine oder andere Weise in den nächsten drei bis vier Wochen Bescheid wissen», sagte Trump am Donnerstagabend bei einem Empfang im Weissen Haus. Er äusserte sich positiv über den Verlauf der Gespräche und bescheinigte der chinesischen Seite, «sehr verantwortungsvoll und sehr vernünftig» zu sein.
Die USA fordern mehr Marktzugang in China, eine Verringerung des US-Handelsdefizits sowie einen besseren Schutz gegen Produktpiraterie und zwangsweisen Technologietransfer für in China tätige US-Unternehmen. Auch stossen sich die USA an staatlicher Förderung chinesischer Firmen, die aus ihrer Sicht den Wettbewerb verzerrt.
Chinas Premier wies Anschuldigungen zurück, dass chinesische Firmen im Ausland für den Staat spionieren würden. «Wir haben das nicht getan und werden es auch in der Zukunft nicht tun», versicherte Li Keqiang.
Auch in Europa wächst die Kritik an Chinas Staatswirtschaft. Als Reaktion auf das politische und wirtschaftliche Machtstreben Chinas hatte die EU-Kommission am Dienstag einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, damit europäische Interessen gewahrt werden.
Zentrales Element des neuen Investitionsgesetzes der Chinesen ist die grundsätzliche Gleichbehandlung von ausländischen Investitionen. Der Staat müsse «Urheberrechte schützen» und dafür sorgen, dass Firmen aus dem Ausland «nicht benachteiligt» werden, sondern «gleichberechtigt» am Wettbewerb teilhaben können, hiess es in einer offiziellen Erläuterung des Gesetzestextes. Ein verordneter Technologietransfer wird untersagt. Allerdings gibt es weiterhin Negativlisten von Wirtschaftsbereichen, in denen ausländische Investitionen oder Unternehmen nicht oder nur eingeschränkt tätig werden dürfen.
Angesichts des Handelskrieges mit den USA und der hohen Verschuldung trüben sich die wirtschaftlichen Aussichten in China zunehmend ein. Man werde mit weiteren Steuersenkungen und weniger Abgaben dem Abwärtsdruck entgegenwirken, kündigte Li Keqiang an: «Wir müssen sicherlich starke Massnahmen ergreifen, um mit den steigenden Unsicherheiten fertig zu werden». Als konkrete Schritte nannte er niedrigere Abgaben für Unternehmen. So soll die Konjunktur angekurbelt werden.
Li Keqiang äusserte sich zuversichtlich, dass Peking das auf dem Volkskongress beschlossene Wachstumsziel von 6 bis 6,5 Prozent in diesem Jahr erreichen kann. Es wäre das langsamste Wachstum seit 30 Jahren.
Der Volkskongress stimmte am Freitag auch den Ausgaben im neuen Haushalt zu, die insgesamt um 6,5 Prozent steigen. Mit 7,5 Prozent bekommt das Militär wieder deutlich mehr. In seiner Geschichte hat der Volkskongress noch nie eine Vorlage abgelehnt.