Colonia Dignidad: Deutschland und Chile wollen Gedenkstätte
In den 1960er Jahren entwickelt sich am Fuss der Anden ein Ort des Schreckens. In der Sektensiedlung eines deutschen Laienpredigers gibt es Kindesmissbrauch, Folter und Morde. Die Aufarbeitung dauert an.

Das Wichtigste in Kürze
- Deutschland und Chile wollen mit einer Gedenkstätte an die Opfer der früheren Sektensiedlung Colonia Dignidad in dem südamerikanischen Land erinnern.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der chilenische Präsident Gabriel Boric sprachen sich gestern Abend (Ortszeit) nach einem Treffen in Santiago de Chile gemeinsam dafür aus.
Die Idee, das 350 Kilometer von der chilenischen Hauptstadt entfernte Gelände in eine Gedenkstätte zu verwandeln, «hat die Unterstützung unserer Regierung, und wir werden uns entsprechend beteiligen», sagte Scholz. Boric bedankte sich für die «Bereitschaft der deutschen Regierung, zur Suche nach der Wahrheit beizutragen. «Wir unterstützen das komplett. Der chilenische Staat kämpft unermüdlich für die ganze Wahrheit und Gerechtigkeit».
Jahrzehntelange Brutalität
Die Colonia Dignidad hatte sich ab den 1960er Jahren zu einem Ort des Schreckens entwickelt. Der Laienprediger Paul Schäfer war damals mit seinen Anhängern von Deutschland nach Chile gezogen und hatte am Fusse der Anden die «Kolonie der Würde» gegründet. Jahrzehntelang liess er die Sektenmitglieder dort ohne Lohn arbeiten, riss Familien auseinander und missbrauchte Kinder. Während der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet (1973-1990) wurden auf dem riesigen Areal Regimegegner gefoltert und ermordet.
«Die Geschichte der Colonia Dignidad ist schrecklich», sagte der Linkspolitiker Boric, der im Dezember 2021 zum jüngsten Präsidenten Chiles gewählt worden war. Mit dem damals 35-Jährigen Boric zog auch eine neue politische Generation in den Präsidentenpalast ein, die die Militärdiktatur nicht mehr erlebte und sich von deren Erbe trennen will.
Scholz begann seinen Besuch im 50. Jahr nach dem Putsch Pinochets mit einem gemeinsamen Rundgang mit Boric durch das «Museum der Erinnerung», das an die Opfer der Diktatur erinnert.