Demonstranten in Beirut trotzen Angriffen von Hisbollah-Anhängern
Hisbollah-Anhänger griffen das zentrale Lager libanesischer Demonstranten in Beirut an. Trotzdem haben erneut zahlreiche Regierungsgegner Strassen blockiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Zahlreiche Regierungsgegner haben im Libanon Strassen blockiert.
- Und das, obwohl ihr Zentrale zuvor von Hisbollah-Anhängern angegriffen wurde.
Trotz eines nächtlichen Angriffs von Hisbollah-Anhängern auf das zentrale Lager der Demonstranten in Beirut haben erneut zahlreiche Regierungsgegner Strassen im Libanon blockiert.
Ein Aufruf zum Generalstreik fand am Montag aber nur geringe Resonanz, nachdem das Protestlager im Zentrum der libanesischen Hauptstadt in der Nacht verwüstet worden war. Die Sicherheitskräfte versuchten, die blockierten Verkehrsadern zu räumen.
Anhänger der schiitischen Hisbollah und der Amal-Bewegung hatten in der Nacht Demonstranten an einer Strassenblockade beschimpft und mit Steinen beworfen. Sicherheitskräfte stellten sich schliesslich zwischen die beiden Lager.
Hisbollah-Anhänger verwüsteten jedoch das nahegelegene Zeltlager der Protestbewegung, beschädigten umliegende Geschäfte und schlugen Autofenster ein. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden bei dem Angriff zehn Demonstranten verletzt.
Für Reform des politischen Systems
Die Hisbollah hatte schon im Oktober ein Protestcamp gestürmt, doch damit die Demonstrationen gegen die Regierung nicht beenden können. Unter ihrem Druck trat Ende Oktober Ministerpräsident Saad Hariri zurück, der auch von der Hisbollah unterstützt wurde.
Den Demonstranten reicht dies aber nicht: Sie wollen eine komplette Reform des politischen Systems und den Austausch der gesamten als korrupt und unfähig verschrieenen Eliten.
Aufgeben kommt trotz Angriff nicht infrage
Trotz des nächtlichen Angriffs zeigten sich die Demonstranten auch am Montag entschlossen weiterzumachen. «Der Angriff hat uns alle, zumindest jene, die jetzt hier sind, noch entschlossener gemacht», sagte der 21-jährige Demonstrant Ajjasch, der im Stadtteil Hamra eine wichtige Verkehrsader blockierte.
Mit dem Angriff wollten die politischen Parteien die Leute einschüchtern, damit sie zuhause blieben und die Proteste scheiterten, sagte er.
Ajjasch zeigte sich enttäuscht, dass die Parteien damit teilweise Erfolg hatten, da ein Aufruf zum Generalstreik nur auf geringe Resonanz stiess.
Kritik an Sicherheitskräften
Die 24-jährige Demonstrantin Ellie warf den Sicherheitskräften vor, die Hisbollah-Anhänger gewähren zu lassen. «Die Rowdys werfen Steine und beleidigen die Sicherheitskräfte, doch sie gehen nicht gegen sie vor», kritisierte sie. Anders als die Demonstranten würden sie kaum festgenommen.
Angesichts solcher Kritiker sagte Innenministerin Raja al-Hasan, die Armee und die Polizei seien die einzigen «Garanten der Stabilität des Landes». Derweil räumten die Sicherheitskräfte wichtige Strassen, die von den Demonstranten blockiert worden waren.
Noch keine neue Regierung in Sicht
Auch drei Wochen nach dem Rücktritt Hariris hat Präsident Michel Aoun noch niemanden mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Er sagt, er sei offen für eine Regierung unter Beteiligung von Experten und Vertretern der Protestbewegung.
Die Demonstranten lehnen aber jedes Kabinett ab, dem Politiker der etablierten Parteien angehören. International wächst die Sorge, dass der Libanon weiter in die Krise abrutscht, wenn nicht rasch eine Regierung gebildet wird.