Der Papst in den Emiraten

Prachtvoll muss es schon zugehen, wenn ein Papst erstmals auf der Arabischen Halbinsel ist. Doch Franziskus will in Abu Dhabi auch die Schattenseite dieser künstlich glitzernden Welt zeigen. Sein Gastgeber hat eine andere Agenda.

Papst Franziskus wird von Scheich Mohammed bin Said Al Nahjan (r.) begrüsst. Foto: Gehad Hamdy
Papst Franziskus wird von Scheich Mohammed bin Said Al Nahjan (r.) begrüsst. Foto: Gehad Hamdy - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Dem pompösen Empfang bei dem ersten Besuch eines Papstes auf der Arabischen Halbinsel setzte Franziskus eine Fahrt in einem Kleinwagen entgegen.

Langsam rollte der Pontifex - begleitet von Pferden, Fliegerstaffel und Salutschüssen - vor dem beeindruckenden Präsidentenpalast in Abu Dhabi vor.

Weisser Marmor, goldene Kronleuchter, dicke Teppiche - im Reich der Scheichs zählt der Prunk, das Bild, das grosse Kino. Der Papst versuchte sich dagegen ein bisschen in Bescheidenheit.

Der Empfang war nach Geschmack des einflussreichen wie umstrittenen Kronprinzen Mohammed bin Said Al Nahjan, der den Papst in die Vereinigten Arabischen Emirate eingeladen hatte. Das Oberhaupt von rund 1,3 Milliarden Katholiken in einer Region, die als Wiege des Islams gilt - ein bislang einmaliges Ereignis.

Franziskus kam, um die Religionen zum Dialog für den Frieden aufzurufen. Er sieht sich zudem als «Anwalt der Armen». Normalerweise besucht er auf seinen Reisen auch Arme, Kranke, Gefängnisse - die Ausgestossenen der Gesellschaft. In Abu Dhabi sollte davon wenig zu sehen sein. Der in der Region mächtige Kronprinz Mohammed wollte vor allem eines zeigen: Wir sind tolerant, wir lassen sogar die grösste christliche Messe auf arabischem Boden feiern.

Die Emirate seien ein «Leuchtturm der Toleranz, Zurückhaltung und des friedlichen Zusammenlebens», sagte der Herrscher zum Auftakt des Besuchs in der Region, in der Religionsfreiheit alles andere als selbstverständlich ist. Franziskus lag derweil einiges daran, dass der Besuch auch in den Nachbarländern wie Saudi-Arabien wahrgenommen wird, wo keine Kirchen gebaut werden dürfen. Auch der Krieg im Jemen sollte eine Rolle spielen, sind die Emirate mit Saudi-Arabien doch Teil einer Militärallianz, bei deren Luftangriffen dort immer wieder viele Zivilisten sterben.

Die Plattform für das Treffen war eine interreligiöse Konferenz, bei der nicht nur der Papst, sondern auch hochrangige Islamgelehrte und jüdische Rabbiner dabei waren. Alleine das - und die Tatsache, dass der Pontifex überhaupt hier ist - ist schon «historisch», wie dieser Besuch ein ums andere Mal bezeichnet wurde.

Im Vergleich zu anderen arabischen Staaten stimmt das mit der Toleranz in den Emiraten zu einem gewissen Grad: Katholiken dürfen ihren Glauben praktizieren und Kirchen bauen. Wahre Religionsfreiheit herrscht aber auch in den Emiraten nicht. So dürfen Muslime etwa nicht zum Christentum konvertieren. Eine Konversion könne «sozialem Selbstmord gleichkommen», heisst es in einem Bericht des katholischen Hilfswerks Missio. Der Jubel über den Papst und die offene Selbstbeweihräucherung des Kronprinzen übertünchten bei dem Besuch die sozialen Probleme in dem reichen Öl-Staat.

Städte wie Abu Dhabi oder Dubai wurden aus dem Wüstensand in die Höhe gezogen, Stararchitekten bauten glanzvolle Meisterwerke. Millionen Migranten kommen aus Asien, um hier zu arbeiten und Geld zu verdienen. Die katholische Kirche hier ist eine Migrantenkirche. In Bussen wurden auch am Montag Arbeiter in Massen an den Hochhäusern vorbei zu Baustellen gefahren. Über die Kluft zwischen Superreichen in Luxushotels und den Arbeitsmigranten ist auch der Papst im Bilde, nur eine wahre Begegnung mit ihnen steht nicht auf dem Programm.

«Ich würde gewisse Ecken kennen, wo ich ihn hinführen würde», sagte der Apostolische Vikar für das Südliche Arabien, Bischof Paul Hinder, dem Nachrichtenportal Vaticannews. Aber das seien «delikate Dinge», über die man nicht spreche. Die Schattenseiten würden «in diesem Teil der Welt zumindest künstlich besonnt».

Franziskus' Gastgeber, Kronprinz Mohammed, gilt als aggressiver Strippenzieher in der Region. «Er will mit der Beduinen-Saga seines Vaters brechen, die er als anachronistisch betrachtet in einem der am meisten verstädterten Länder der Welt», analysiert der ehemalige französische Diplomat Michel Duclos für das Institut Montaigne. Obwohl «nur» Kronprinz, halte er die Fäden im Land in der Hand.

Der an der Militärakademie Sandhurst ausgebildete Mohammed habe eine schlagkräftige Armee aufgebaut, mit der er eine aggressive Aussenpolitik betreibe und auch in regionaler Konkurrenz zum bislang übermächtigen Nachbarn Saudi-Arabien stehe. Darin zeige sich Mohammeds «Verlangen, gefürchtet zu werden, um respektiert zu werden.»

Eine französische NGO hatte beim Besuch von Kronprinz Mohammed in Frankreich vor drei Monaten offiziell Klage eingereicht: Wegen Kriegsverbrechen im Jemen, Beteiligung an Folter und unmenschlichem Verhalten. Der angesehene ägyptisch Schriftsteller Ala al-Aswani nennt den Kronprinzen «Haupttreiber des Krieges im Jemen», ein Konflikt, den die Vereinten Nationen als schlimmste humanitäre Katastrophe der Welt ansehen. «Die Menschen, die Sie treffen werden, geben Millionen von Dollar für Waffen aus, die Kinder umbringen, zehntausende jemenitische Kinder», schrieb er in einem Brief an Papst Franziskus, den die italienische Zeitung «La Repubblica» druckte.

«Ein Politiker muss sich fragen, ob es richtig ist, Prinzen und Regierende zu treffen, die blutbefleckte Hände haben», erklärte er. Ein Papst aber müsse dorthin gehen, wo die Menschen leiden. Auch wenn das Leiden bei diesem Treffen unsichtbar war.

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