Drohkulisse mit Flugzeugträger

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Deutschland,

Bagdad statt Berlin: Die unerwartete Änderung der Reisepläne von US-Aussenminister Pompeo folgt einer Choreographie, die den Druck auf die iranische Führung deutlich erhöhen soll. Im wieder entfachten Atomstreit ist ein Blick in die Region aufschlussreich.

Der Flugzeugträger «USS Abraham Lincoln» ist in Richtung Iran verlegt worden. Foto: MC3 Garrett LaBarge/US Navy
Der Flugzeugträger «USS Abraham Lincoln» ist in Richtung Iran verlegt worden. Foto: MC3 Garrett LaBarge/US Navy - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Kriegstrommeln sind noch nicht zu hören.

Aber die Verlegung des Flugzeugträgers «USS Abraham Lincoln» und einer US-Bomberstaffel in Richtung Iran ist eine Drohung, auf die am Mittwoch die iranische Teilaussetzung des mühsam ausgehandelten Atomabkommens folgte.

Dass US-Aussenminister Mike Pompeo vorher einen lange erwarteten Besuch in Berlin platzen liess, Kanzlerin Angela Merkel damit brüskierte und eilig nach Bagdad flog, passt zu einem Drehbuch, das den Druck auf die iranische Führung mit Sanktionen und militärischen Drohungen deutlich erhöhen soll.

US-Verbündete in Europa verfolgen diese Politik mit wachsender Sorge. Denn das Vorgehen des US-Präsidenten Donald Trump ist eine Absage an Verhandlungslösungen und erhöht die Spannungen in der Nachbarschaft Europas weiter. Immerhin: Die USA waren 2003 auf Basis falscher Behauptungen über eine Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak mit einer Allianz der Willigen in das arabische Nachbarland Irans einmarschiert. Nach dem militärischen Sturz des Regimes regierten Chaos und Gewalt, aus denen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erwuchs.

Die US-Nahost-Politik unter Trump hat entscheidend dazu beigetragen, die Fronten im Nahen Osten zu verhärten, eine Region, die ohnehin von unzähligen Krisen und Konflikten geplagt ist. Sie wird überschattet von der Konfrontation zwischen rivalisierenden Regionalmächten: auf der einen Seite nun Israel und das sunnitische Saudi-Arabien, angetrieben vom ehrgeizigen Kronprinzen Mohammed bin Salman, der mit Trumps Rückendeckung handelt; auf der anderen Seite deren Erzfeind, der schiitische Iran, der grossen Einfluss auch in arabischen Ländern besitzt, vor allem in Syrien und im Irak.

Trumps Schwiegersohn Jared Kushner pflegt enge Verbindungen zum saudischen Thronfolger. Daran änderte auch der brutale Mord am Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul nichts, dessen Spuren ins direkte Umfeld Mohammed bin Salmans führen.

Zu spüren bekommt den Konflikt der USA mit dem Iran nicht zuletzt der Irak, das Land also, das seit Jahren von Krisen geschüttelt wird. Es könnte zum ersten Schauplatz einer gewaltsamen Eskalation werden, obwohl er sich bisher noch nicht vom jahrelangen Kampf gegen die Terrormiliz IS erholt. Die Extremisten sind nach ihrem Vormarsch 2014 zwar offiziell besiegt, aber weiter aktiv. Immer wieder verüben Zellen der Dschihadisten Anschläge.

Der Irak bräuchte nichts mehr als politische Stabilität - ist davon jedoch weit entfernt. Fast ein Jahr nach der Parlamentswahl ist es etwa Regierungschef Adel Abdel Mahdi noch immer nicht gelungen, alle wichtigen Posten im Kabinett zu besetzen. Seit Monaten etwa gibt es weder einen Innen- noch einen Verteidigungsminister.

Dahinter steckt ein Machtkampf der grössten politischen Blöcke. Eine zentrale Rolle spielen die Parteien mit engen Kontakten zum Iran. Sie beharren darauf, das Innenministerium mit einem Vertreter der ebenfalls Teheran-treuen Schiitenmilizen zu besetzen, stossen dabei aber auf Widerstand. Abdel Mahdi selbst besitzt keine Hausmacht und ist bisher nicht in der Lage gewesen, den Konflikt zu lösen.

Umstritten ist die Zukunft der mehreren Tausend US-Soldaten, die im Irak weiterhin am Kampf gegen den IS beteiligt sind und - wie auch Bundeswehr-Soldaten - die Armee ausbilden. Die mit dem Iran verwobenen Parteien wollten deren Abzug, sagt der irakische Analyst Haschim al-Haschimi. «Um diese Frage gibt es einen richtigen Kampf.»

Ein Kampf, der sich durch die Konfrontation zwischen den USA und dem Iran verschärfen könnte. Je mehr Druck Teheran aus Washington spürt, desto mehr könnte die dortige Führung gewillt sein, ihren Einfluss in Bagdad auszunutzen. Selbst eine Eskalation der Gewalt scheint möglich. So meldete die «New York Times» unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise, der Iran oder seine Stellvertreterkräfte bereiteten Angriffe auf US-Truppen in Syrien oder im Irak vor.

Darüber sprach Pompeo auch mit Iraks Führungsspitze in Bagdad, wohin er nach der Absage des Termins in Berlin geflogen war. «Wir wollten sie von dem wachsenden Strom der Bedrohungen wissen lassen, die wir wahrnehmen», sagte er danach vor Journalisten. Angriffe hätten unmittelbar bevorgestanden. Er habe Iraks Regierung gedrängt, die Milizen unter ihre Kontrolle zu bringen.

Angespannt ist die Lage auch an der Strasse von Hormus: Die wichtigste Ölexportroute im Persischen Golf führt durch iranische Gewässer. Dort stehen sich die US-Marine und iranische Revolutionsgarden (IRGC) gegenüber. Irans Präsident Hassan Ruhani droht mit einer Blockade. Begründung: Falls der Iran kein Öl exportieren dürfte, sollten auch die anderen Länder in der Region diese Route nicht mehr befahren können.

Im vergangenen Monat stufte die US-Regierung die iranischen Revolutionsgarden - eine Eliteeinheit der Streitkräfte - gar als ausländische Terrororganisation ein. Es war das erste Mal überhaupt, dass die USA eine militärische Einheit eines anderen Staates auf die Liste der Terrororganisationen setzte, auf der sonst Gruppen wie der IS oder Al-Kaida stehen.

Die Revolutionsgarden sind die eigentliche Streitmacht im Iran, weitaus wichtiger als die klassische Armee. Es ist unklar, wie viele Kämpfer sie zählt, die Rede ist von einer halben Million. Auch Millionen von sogenannten Basidchis - «die Freiwilligen» - schliessen sich im Kriegsfall den IRGC-Truppen an. Daher werden die Revolutionsgarden im Iran auch «die Zwei-Millionen-Armee» genannt. Ideologisch sind sie den Hardlinern im Land nahe, die von Anfang an gegen den Atomdeal waren und eine Auflösung des Vertrags wollen.

Vor genau einem Jahr hat Trump den Deal aufgekündigt. Den Europäern sei es in dieser Zeit nicht gelungen, einen funktionsfähigen Zahlungsmechanismus aufzubauen, der den Iran-Handel trotz US-Sanktionen ermöglicht, wird in Teheran beklagt. Die von dem EU-Trio gegründete Zweckgesellschaft Instex - eine Tauschbörse, die US-Sanktionen aushebeln und den Handel mit dem Iran weiterhin ermöglichen soll - erwies sich Sicht Teherans bislang als heisse Luft. «Wir wollen die Aufhebung der Öl- und Bank-Sanktionen, keine moralische Unterstützung von unseren Vertragspartnern», fordert Ruhani. Die Führung in Teheran gab den Vertragspartnern am Mittwoch noch eine Frist von 60 Tagen, um die getroffene Vereinbarung wieder einzuhalten.

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