Die Proteste nach der Messerattacke von Southport, England eskalieren immer mehr. In mehreren Städten gingen Rechtsradikale auf Migranten-Unterkünfte los.
Keir Starmer
Keir Starmer verurteilte am Montag die «Gewalttätigkeit der extremen Rechten». Er verspricht «schnelle Gerechtigkeit». - afp

Das Wichtigste in Kürze

  • In England kam es vor dem Hintergrund der Southport-Attacke zu weiteren Randalen.
  • Ein Video zeigt, wie Autofahrer angehalten und gefragt wurden, ob sie weiss seien.
  • Auch wurden in mehreren Ortschaften Asylunterkünfte von Rechtsradikalen attackiert.
  • Die Regierung verspricht «schnelle Gerechtigkeit».
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Bei antimuslimischen Ausschreitungen in Grossbritannien infolge der Bluttat von Southport kam es zu beunruhigenden Szenen.

Nun hat die britische Heimatschutzministerin Yvette Cooper eine harte Reaktion angekündigt. Sie bezeichnete das Verhalten der Randalierer als «schändliche Gewalttätigkeit». Und warnte davor, dass noch weitere Festnahmen folgen würden.

«Machen Sie keinen Fehler: Es wird eine Abrechnung geben für diejenigen, die an dieser Gewalt teilgenommen haben, für jene, die sie in sozialen Medien und Online-Foren angeheizt haben und für jene, die sich durch diesen Moment ermutigt fühlen, rassistischen Hass zu schüren», so Cooper.

Yvette Cooper
Die Labour-Politikerin und Heimatschutzministerin Yvette Cooper warnte am Montag, dass noch weitere Festnahmen folgen würden. - dpa

Bislang wurden bereits mehr als 420 Personen verhaftet. Die Behörden sind dabei, Überwachungsvideos auszuwerten und alle Beteiligten zu identifizieren.

Ebenfalls ins Visier genommen werden Personen, die online Fehlinformationen verbreiten. Dies folgte auf einen Vorfall mit Tommy Robinson – ein bekannter Aktivist – welcher ein Video eines Vorfalls postete und fälschlicherweise behauptete, zwei Demonstranten seien von Muslimen erstochen worden.

Premierminister warnt Randalierer

Auch Premierminister Keir Starmer warnte die Randalierer, sie würden ihre Teilnahme an den Ausschreitungen bereuen. Er verurteilte die «Gewalttätigkeit der extremen Rechten» und versprach schnelle Gerechtigkeit.

Eine Krisensitzung des COBRA-Komitees ist für heute geplant.

So hielten am Sonntag in der Stadt Middlesbrough rechtsgerichtete Randalierer Autofahrer an und fragten sie, ob sie «weiss und Engländer» seien. Dies zeigt ein Video auf Live-Tiktok von der Linthorpe Road, über das auch die «DailyMail» berichtet. Zu sehen sind auch zwei Autos, die nur knapp einem Zusammenstoss entgingen, als sie vor der aufgebrachten Menge flüchteten.

Abends teilte die örtliche Polizei noch mit, dass sie weiterhin gegen die «Unordnung» in Middlesbrough kämpfe.

Die Bevölkerung wurde aufgefordert, sich von der Stadt fernzuhalten.

Gewaltausbrüche erst am Montagmorgen beendet

Die Gewalt hielt bis in die frühen Morgenstunden an. Erst am Montagmorgen konnte bestätigt werden, dass die Gewaltausbrüche beendet waren. Die Polizei kündigte jedoch an, ihre Präsenz über Nacht sowie auch in den kommenden Tagen aufrechtzuerhalten.

Die gefilmte Situation war an diesem Wochenende schliesslich keine Ausnahme. Es ist zu einer beunruhigenden Welle von Gewalt in der Stadt gekommen.

Insgesamt wurden 43 Personen in Zusammenhang mit den Vorfällen festgenommen. Eine vollständige Untersuchung ist nun im Gange.

England-Protest / Southport
Die rechtsgerichtete Randalierer in Middlesbrough fragten Autofahrer, ob sie «weiss und Englisch» seien. Es entstand ein Verkehrschaos.
Proteste Grossbritannien
Nach der tödlichen Messerattacke in Southport kommt es in Grossbritannien seit Tagen zu Ausschreitungen.
England-Protest / Southport
Verantwortlich sind Ultranationalisten. Von ihnen wurden auch in mehreren Ortschaften Asylunterkünfte attackiert.

Die Unruhen verursachten erhebliche Schäden am Crown Court, an der Universität und an mehreren Immobilien im Bereich Parliament Road. Der ehemalige schottische Erstminister Humza Yousaf forderte das Militär auf, einzuschreiten und die «Schläger» daran zu hindern, weiterhin Unordnung auf den Strassen zu stiften.

Trotz Forderungen nach mehr Polizeibefugnissen zur Bekämpfung der Unruhen sagte Dame Diana Johnson, Ministerin für Polizeiangelegenheiten: «Die Polizei hat alle Ressourcen zur Verfügung», um mit den Störungen fertigzuwerden.

Ähnliche Szenen in anderen Teilen Nordenglands

In Hull setzte die Polizei Tränengas gegen Randalierer ein, die Fenster eines Hotels zerstörten, in dem Asylbewerber untergebracht waren. Autos wurden angezündet und im Laufe des Nachmittags verwüstet.

Ähnliche Szenen ereigneten sich in Rotherham, wo Gruppen ein Holiday Inn stürmten, das Asylbewerber beherbergte. Die Gewalt eskalierte und um das Hotel herum wurde Feuer gelegt.

Die verstörten Asylbewerber von den Randalierern, die durch die Korridore des Hotels rannten und Obszönitäten riefen. «Sie kamen auf diesen Stock und schlugen mich», sagte einer der Befragten gegenüber «Times».

Mob bewirft Unterkunft von Asylbewerbern

Ebenfalls am Sonntagabend nahmen Randalierer eine weitere Unterkunft für Asylbewerber in Tamworth, nordöstlich von Birmingham, ins Visier. Der Mob bewarf das Hotel mit Gegenständen, berichtete der Sender Sky News.

england
Bei antimuslimischen Protesten kommt es in England zu schweren Ausschreitungen. - keystone

Clips in sozialen Medien zeigten, wie Feuer an einem Teil des Gebäudes gelegt wurde. Dafür gab es keine offizielle Bestätigung. Die Polizei sprach von «gewalttätigen Handlungen des Banditentums», ein Beamter sei verletzt worden.

Tagelange Gewalt

Die andauernde Gewalt war ausgebrochen, nachdem am Montag im nordwestenglischen Southport drei Mädchen erstochen und acht weitere Kinder sowie zwei Erwachsene teils schwer verletzt wurden. In sozialen Medien wurden Gerüchte gestreut, bei dem Täter handele es sich um einen muslimischen Migranten. Die Polizei betont, der 17 Jahre alte Verdächtige sei in Grossbritannien geboren worden. Seine Eltern stammen aus Ruanda.

Auch im nordenglischen Rotherham war eine Unterkunft für Asylbewerber massiv attackiert worden: Randalierer warfen Scheiben ein, griffen Polizisten an und drangen teilweise ins Gebäude ein. Zehn Beamte wurden verletzt.

Premierminister Keir Starmer kündigte ein hartes Durchgreifen an. Verantwortlich für die Krawalle seien rechtsradikale Rowdys. Sie würden ihre gerechte Strafe bekommen, sagte Starmer. Der Regierungschef ist erst seit einem Monat im Amt.

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