Grüner Wasserstoff aus Afrika könnte Energiekrise lösen

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Südafrika,

Im Anbetracht der momentanen Energiekrise könnte grüner Wasserstoff aus Afrika ein Retter in Not sein. Europa zeigt reges Interesse.

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Grüner Wasserstoff könnte bei CO2-intensiven Industrien eingesetzt werden. Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/ZB - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Die europäischen Länder zeigen grosses Interesse an grünem Wasserstoff aus Afrika.
  • Der Kontinent habe das Potenzial, ein weltweiter Lieferant zu werden.
  • Jedoch gebe es auch zahlreiche Hürden.

Grüner Wasserstoff gilt als Lichtblick. Der grosse Energiebedarf der Welt könnte gedeckt werden, ohne das Klima gross zu belasten. Grundlegend dafür sind grosse Flächen an unbebautem Land, Sonne, Wind- und Wasserkraft – das alles hat Afrika.

Es überrascht nicht, dass viele Länder auf Afrika als neuen Lieferanten für sauberen Strom setzen. Wenn es um «grünen» Wasserstoff, der klimaneutral mit Hilfe von Ökostrom produziert wird, geht, kann der Kontinent einiges bieten.

Bei der Elektrolyse wird unter Einsatz von grünem Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. «Wir erwarten schon ab 2024 Projekte in angemessenem Umfang, vor allem in Nordafrika.» Dies sagt Minh Khoi Le, Wasserstoffexpertin beim Osloer Forschungsinstitut Rystad Energy.

Bündnis von sechs Ländern

Im Mai gründeten sechs Länder ein von den Vereinten Nationen unterstütztes Bündnis. Dieses will jährlich gemeinsam 500 Kilotonnen grünen Strom produzieren. Die besagten Länder sind Ägypten, Kenia, Mauretanien, Marokko, Namibia und Südafrika.

Die grösste Initiative darunter ist das mauretanische 10GW Projekt Nour. Dieses will in Partnerschaft mit der britischen Chariot Energy Group und dem niederländischen Hafen Rotterdam ab 2030 jährlich 600.000 Tonnen grünen Wasserstoff nach Europa liefern.

Nach Angaben des Finanzanalyse-Konzerns S&P Global gibt es aktuell in Afrika zehn grüne Wasserstoff-Projekte in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Knapp 600 regenerative Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 64.000 Megawatt seien bereits in Betrieb; 580 weitere mit einer Leistung von 152.000 Megawatt geplant.

Produktion ist deutlich günstiger als in Deutschland

Die leichte Verfügbarkeit von Wind- und Sonnenergie sei eine «grosse Chance» für Afrika, sagt S&P-Analystin Erika Baldessin. «Afrika hat das Potenzial, sich zu einem kostengünstigen weltweiten Lieferanten zu entwickeln.»

Der vorkalkulierte Exportpreis für die Produktion grünen Wasserstoffs in Westafrika liege beispielsweise bei unter 2,50 Euro pro Kilogramm. Dies sagt Solomon Agbo, ein Physiker des Forschungszentrums Jülich der Delft Universität in den Niederlanden. Das sei deutlich günstiger als die in Deutschland auf etwa 3,80 Euro pro Kilo geschätzte Produktion.

Projekte für grünen Wasserstoff

Agbo ist Projektkoordinator des Projekts H2Atlas Africa. Mit diesem will die Bundesregierung in Kooperation mit Ländern in Sub-Sahara Afrika grüne Wasserstoff-Projekte erschliessen. In Westafrika sei ein Drittel der Landfläche für Photovoltaikanlagen und Dreiviertel für Onshore-Windkraftanlagen geeignet, so Agbo.

Die Region habe das Potential, theoretisch bis zu 165.000 Terawattstunden im Jahr zu produzieren. Das wäre mehr als ausreichend: Deutschlands Wasserstoffstrategie geht bis 2030 von einem Bedarf von etwa 90 bis 110 Terawattstunden aus.

Nicht nur Wind und Sonne sind für die Standortwahl entscheidend, sondern auch eine Beurteilung der Wasserverfügbarkeit. Nach Angaben des Fraunhofer Instituts hat die Elektrolyse zur Herstellung von grünem Wasserstoff einen hohen Wasserbedarf. Für diesen müssen entweder Süsswasservorkommen wie Flüsse, Seen und Grundwasser verwendet oder Meerwasserentsalzungsanlagen eingesetzt werden.

Belastung von Wasserversorgung

Betreiber müssten daher sicherstellen, dass die Wasserstofferzeugung keine negativen Folgen für die Wasserversorgung vor Ort habe oder Nutzungskonflikte bestünden. Gerade bei der Meerwasserentsalzung müsse man auf den zusätzlichen Energiebedarf achten und auf mögliche negative Umweltauswirkungen auf küstennahe marine Ökosysteme.

Deutschland hat als Teil seiner Nationalen Wasserstoffstrategie Partnerschaften mit Namibia, der Demokratischen Republik Kongo, Südafrika, Angola und Marokko geschlossen. Auch die EU plant, bis 2050 auf grünen Wasserstoff umzusteigen.

Unabhängigkeit von Russland

Die RepowerEU-Strategie wurde im März um weitere 10 Millionen Tonnen grüne Wasserstoffimporte pro Jahr aufgestockt. So will man sich Energieversorgung aus Russland unabhängig machen. Dies kommt zu dem bestehenden EU-Ziel hinzu, bis zum Jahr 2030 20 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff zu verbrauchen.

Bislang gibt es vor allem Pläne und noch wenig investiertes Kapital. In den vergangenen 20 Jahren sind lediglich zwei Prozent aller Investitionen in erneuerbare Energien nach Afrika geflossen. Dies heisst es einem Bericht der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) und der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA). Das Blatt sollte sich jedoch in naher Zukunft wenden, meinen Experten.

Energie aus Angola

Eins der ersten funktionstüchtigen Projekte in Afrika könnte binnen zwei Jahren im südwestlichen Angola startklar sein. In der Nähe der Hauptstadt Luanda ist ein von Deutschland mitfinanziertes 2-Gigawatt-Wasserkraftwerk gebaut.

Von den bislang ungenutzten Kapazitäten sollen ab 2024 zunächst 400 Megawatt für die Erzeugung grünen Wasserstoffs genutzt werden. Später sollen bis zu 1000 Megawatt genutzt werden. Die Stromleitung zum Hafen, wo die Elektrolyse stattfinden soll, steht.

Nächster Schritt ist der Bau einer Elektrolyseanlage durch die deutschen Firmen Gauff und Conjuncta in Kooperation mit Sonangol. Als grösster Ölkonzern Afrikas weiss Sonangol, wie man Gas auf dem Weltmarkt verkauft und exportiert. «Damit könnte Deutschland seine Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen ein Stück reduzieren», sagt Conjuncta-Chef Stefan Liebing. «Afrika hat das Potenzial, zu einem der wichtigsten Partner für Deutschland und Europa zu werden.»

18 Milliarden Euro für Wasserstoff

Nachbarland Namibia hat ein auf 9,4-Milliarden-Euro geschätztes Projekt für grünen Wasserstoff, das 2026 in Produktion gehen soll. Auch Südafrika verkündete im Februar Pläne zu möglichen Projekten. In den nächsten zehn Jahren sollen grüne Wasserstoff-Projekte im Wert von knapp 18 Milliarden Euro starten.

Auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow wurden dem Land an der Südspitze Afrikas dafür 8,5 Milliarden Euro versprochenen. Kenia, Marokko und Nigeria befinden sich in ähnlichen Entwicklungsstadien. Ägypten plant drei öffentlich-private grüne Wasserstoff-Projekte mit einer Gesamtkapazität von 300 Megawatt. Dafür wurde bereits eine Absichtserklärung mit Siemens unterzeichnet.

Mangel an qualifizierten Ingenieuren

Doch es gibt auch Hürden: Projekte müssen schnell ein signifikantes Exportvolumen erreichen, um rentabel zu werden. Dazu ist enge Zusammenarbeit von Regierungen, Unternehmen, Investoren, multilateralen Entwicklungsbanken und technischen Experten nötig. Transparenz und Rechenschaftspflicht werden von zentraler Bedeutung sein. Diese sollen Fallstricke vermeiden, die die Rohstoffindustrie auf dem Kontinent so lange geplagt haben.

Es braucht zudem eine gute logistische Infrastruktur und den Aufbau eines Versorgungsnetzwerks, um den Wasserstoff zu den Kunden zu pumpen. Das ist Afrikas Schwachstelle. Dazu kommt nach Angaben der Weltbank ein Mangel an qualifizierten Ingenieuren. Diese installieren, überwachen, betreiben und warten die integrierte Brennstoffzellen- und Wasserstoffsysteme.

Expertin bleibt optimistisch

Wasserstoffexpertin Khoi Le bleibt jedoch optimistisch: «Afrika steht vor der gleichen technischen Herausforderung wie der Rest der Welt. Die Produktion grünen Wasserstoffs in grossem Massstab ist für alle neu.»

Bislang schaut hauptsächlich Europa in Richtung Afrika. Weder Russland noch China hätten auf dem Kontinent investiert, was grünen Strom betrifft, sagt Khoi Le. Allerdings habe der chinesische Solar-Branchenriese GCL Group jüngst ein Auge auf Afrikas Potential geworfen.

Den Afrikanern scheint es egal zu sein, woher sie das notwendige Kapital beziehen. Man sei für alle Investoren offen, betont die Afrikanische Entwicklungsbank.

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