Hitzewelle in Indien führt zu Stromausfall und Wassermangel
Das Wichtigste in Kürze
- In Indien ist es derzeit extrem heiss.
- Die heissen Temperaturen kommen dieses Jahr früher als sonst.
- Die Inder und Inderinnen hoffen auf nächste Woche, in der Regen gemeldet ist.
Seit Tagen hat Seema Choudhary fast kein Auge zugetan. Immer wieder fällt der Strom aus und dann wird es unerträglich heiss in dem kleinen Zimmer in Gurugram. Die 42-jährige Köchin lebt mit ihrer Familie in der Satellitenstadt von Delhi.
Ohne Strom funktionieren Ventilator und Verdampfungskühlung nicht. Choudhary, ihr Mann und ihre drei Kinder gehen dann nach draussen. Eigentlich habe ihr Vermieter einen Diesel-Generator für solche Fälle. Aber er wolle ihn nicht stundenlang laufen lassen aus Angst, er könnte kaputtgehen – und wegen der hohen Treibstoffpreise.
45 Grad schon im April
Extreme Hitze beeinträchtigt dieser Tage Hunderte Millionen Menschen in den dicht besiedelten Ländern Indien und Pakistan. Zwar sind in der Region Temperaturen um die 45 Grad keine Seltenheit. Aber normalerweise ist es nicht schon Ende April, Anfang Mai so heiss. Südasien sitzt prekär an vorderster Front der Klimakrise, schrieb die Weltbank kürzlich.
Die Hitzewelle lässt den Stromverbrauch in die Höhe schiessen. Die Vorratslager für Kohle, von der Indien sehr abhängig ist, sind nicht prall gefüllt. Das führte zuletzt zu stundenlangen Stromausfällen.
Für Seema Choudhary ist auch die Wasserversorgung gerade ein Problem. Wie andere Familien nutzt sie eine Pumpe, um Grundwasser hochzuholen, aber derzeit komme es kaum oder nur trüb. So müssten sie mehr Trinkwasser kaufen – auch zum Kochen. Teils hätten sie nun so wenig Wasser, dass die Köchin in fremden Häusern bade, wo sie arbeite.
Hitzewelle bringt Leitungswasser zum Kochen
Ankit Sharma hat zwar genügend Wasser. Aber teils komme es am Nachmittag so heiss aus der Leitung, dass er sich die Hände daran verbrenne. Er arbeitet im schicken Cyber City IT-Hub mit vielen Hochhäusern mit Glasfassaden für eine Informatikfirma.
Die extreme Hitze in Indien tritt nach einer Analyse als Folge des Klimawandels häufiger auf als früher. «Vor dem Anstieg der globalen Temperaturen hätten wir diese in Indien herrschende Hitzewelle etwa einmal in 50 Jahren erlebt.» Dies erläuterte Mariam Zachariah schon im April.
«Jetzt kommt so ein Ereignis viel häufiger vor – etwa alle vier Jahre. Und solange der Ausstoss von Treibhausgasen nicht gestoppt wird, wird ein solches Ereignis noch häufiger auftreten.»
Rikschas stehen still
Im Schatten an den Strassenrändern in Delhi sieht man geparkte Autorikschas, also motorisierte Rikschas. Drin schlafen deren Fahrer – scheinbar haben sie die Hoffnung aufgegeben, in der Hitze noch Kunden zu finden. Einige rufen den wenigen Passanten trotzdem nach, die am heissen Nachmittag aus einer nahegelegenen Metrostation kommen.
Auch Libin Baxla verbringt viel Zeit auf der Strasse. Der 44-Jährige verdient als Fahrer in einem Auto in Delhi sein Geld. Er ist froh, dass er ein fixes Monatsgehalt von 25'000 Rupien (etwa 320 Franken) verdient. Aber auch er kämpft mit der Hitzewelle beim vielen Warten draussen.
Am Wochenende habe er sich krank gefühlt, hatte eine hohe Körpertemperatur und Durchfall. Ein Arzt habe gesagt, dass er wohl einen Hitzeschlag erlebt habe. Manchmal, so sagt er, verderbe zudem wegen der Hitze das Lunchpaket, das ihm seine Frau am Morgen zubereite.