Hongkong: Tonaufnahme bringt Carrie Lam in Schwierigkeiten
Laut einem Tonmitschnitt will Regierungschefin von Hongkong zurücktreten, dürfe aber wegen Peking nicht. Dies dürfte die Demonstranten weiter befeuern.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Wochenende kam es in Hongkong erneut zu wüsten Auseinandersetzungen.
- Regierungschefin Carrie Lam kommt in Bedrängnis, wegen einem geleakten Tonmitschnitt.
- Die Demonstranten dürften sich durch die Aufnahme bestätigt fühlen.
Brennende Barrikaden, Molotov-Cocktails, Gummiknüppel, Gummischrot und Tränengas: Wieder kam es in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong zu wüsten Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei.
Auch zum Wochenbeginn gehen die Proteste in Hongkong weiter – bisher friedlich. Tausende zog es auch am Montag auf die Strasse, um im Regierungsviertel zu demonstrieren. Viele bleiben dafür der Arbeit fern und Studenten boykottieren die Uni.
Die Hauptforderungen sind weiterhin die komplette Streichung des vorläufig zurückgenommenen Auslieferungsgesetzes. Aber auch die unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt und der Rücktritt der Regierung steht weiter im Raum.
Brisante Tonaufnahme
In der Zwischenzeit sorgt ein geleakter Audio-Mitschnitt für Aufsehen. Die 24-minütige Audio-Datei wurde der Nachrichten-Agentur Reuters zugespielt. Darin bekundet die Chefin der Hongkong-Regierung Carrie Lam offenbar, dass wenn sie die Wahl hätte, sie sofort zurücktreten würde.
«Wenn ich eine Wahl hätte, wäre es das Erste zurückzutreten, sich aufrichtig zu entschuldigen.» Dies sagte sie gemäss der Tonaufnahme auf Englisch.
Auch unabhängig davon kursieren Gerüchte, dass Lam mehrmals hätte zurücktreten wollen, dies jedoch von der chinesischen Regierung verboten worden sei.
Verständlich, dass Lam ihre Rücktrittsambitionen dementiert. Sie habe es «nicht einmal in Erwägung gezogen», über einen Rücktritt zu diskutieren. Der Konflikt, dass sie zurücktreten möchte, aber nicht dürfe «existiert nicht», erklärte die 62-Jährige heute Dienstagmorgen vor Journalisten. Unwahrscheinlich, dass Lam damit die Kohle aus dem Feuer nehmen kann.
Im Gegenteil: Das Video ist Wasser auf die Mühlen der Demonstranten. Sie beklagen die wachsende Einflussnahme von Peking auf das autonome Hongkong. Und durch den geleakten Tonmitschnitt dürften sie sich zusätzlich bestätigt fühlen.
Die nächsten heftigen Proteste am kommenden Wochenende sind vorprogrammiert.