Hunderte Anwälte solidarisieren sich mit Hongkongs Demonstranten
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Wochen herrschen in Hongkong schwere Unruhen.
- Auslöser war das umstrittene Auslieferungsgesetz.
- Nun nahmen Hunderte Anwälte an einem Schweigemarsch teil.
In Hongkong haben hunderte schwarzgekleidete Anwälte ihre Solidarität mit der regierungskritischen Protestbewegung bekundet. Schweigend marschierten sie heute Mittwoch vom höchsten Gericht der Metropole zum Sitz des Justizministers.
Es war seit Anfang Juni bereits der zweite Protestzug der Juristen, die sich normalerweise nicht an Demonstrationen beteiligen. Sie unterstützten die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung des Vorgehens der Polizei gegen die Protestbewegung.
Ihr Protest richtete sich nach Angaben von Teilnehmern zudem gegen die ihrer Ansicht nach politisch motivierte Strafverfolgung durch das Justizministerium. «Sie leiten selektiv Strafverfolgungen ein. Wie sollen die Menschen noch Vertrauen in die Regierung haben?», sagte die Anwältin Anita Yip.
Demonstrationen enden in Festnahmen und Anklagen
Die Hongkonger Polizei hat bislang mehr als 500 Demonstranten festgenommen. Dutzende wurden wegen Randale angeklagt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.
Nach einer Attacke auf regierungskritische Demonstranten vergangenen Monat, bei der 45 Menschen verletzt worden waren, wurden hingegen nur 19 Männer festgenommen. Ihnen wird zudem nur unrechtmässige Versammlung vorgeworfen.
Forderungen ausgeweitet
Die seit zwei Monaten andauernden Proteste waren ursprünglich durch ein – später zurückgezogenes – Auslieferungsgesetz ausgelöst worden, das die Überstellung von Verdächtigen an Festland-China erlaubt hätte.
Die Proteste weiteten sich danach zu einer Bewegung gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong aus. Die Demonstranten fordern den Rücktritt der Peking-treuen Regierungschefin Carrie Lam und demokratische Reformen.
Der Wandel der Proteste lässt sich auch an den Parolen der Demonstranten ablesen. Anfangs riefen sie unter Bezug auf das Auslieferungsgesetz «Chit Wui» (Nehmt es zurück).
Inzwischen ist der beliebteste Slogan «Hongkong zurückgewinnen, Revolution unserer Zeit!». Erstmals hatte ihn ein inzwischen inhaftierter Unabhängigkeitsaktivist gerufen. Ein ebenfalls weitverbreitetes Protest-Graffiti lautet: «Ihr habt uns beigebracht, dass friedliche Märsche nutzlos sind.»