Iran: Proteste zum Todestag von Jina Mahsa Amini
Zum zweiten Todestag der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini, deren tragischer Tod im Polizeigewahrsam zu heftigen Unruhen führte, sind zahlreiche Proteste geplant.
Im Iran sind anlässlich des zweiten Todestages der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini, deren Tod im Polizeigewahrsam zu heftigen Unruhen führte, zahlreiche Proteste geplant. Das gaben Aktivisten in den sozialen Medien bekannt. Im Vorfeld gab es allerdings Befürchtungen, dass die Sicherheitskräfte zumindest öffentliche Proteste konsequent verhindern würden. Auch ausserhalb des Irans sollte es Demonstrationen geben.
Im September 2022 hatten islamische Sittenwächter die damals 22-jährige Amini wegen eines nicht richtig sitzenden Kopftuchs festgenommen. Wenige Tage später, am 16. September 2022, starb sie im Polizeigewahrsam. Iranische Behörden sprachen von einer Erkrankung.
Aminis Eltern und die Mehrheit der Iraner aber machten die Sittenwächter und das Klerussystem für Aminis Tod verantwortlich. Ihr tragischer Tod führte zu den heftigsten Protesten in der 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik.
Sicherheitsmassnahmen gegen Trauerfeier
Aufgrund des Schaltjahres im islamischen Kalender wird der Todestag im Iran an diesem Sonntag begangen.
Aminis Vater hatte am Samstag noch keine Erlaubnis für eine Trauerfeier in ihrer Heimatstadt Saghes. «Wenn die Machthaber es zulassen, dann werden wir Mahsas zweiten Todestag begehen», schrieb Amdschad Amini auf Instagram.
Danach sah es aber nicht aus. Nach Angaben des Nachrichtenportals Iranwire wurde in Saghes in der Provinz Kurdistan die höchste Alarmstufe ausgerufen. Einheimische gingen davon aus, dass dorthin verlegte Sicherheitskräfte keinerlei Versammlungen, auch nicht in Form einer Trauerfeier, zulassen würden.
Proteste trotz Sicherheitsmassnahmen
Nach Angaben von Aktivisten jedoch werden die verhängten Sicherheitsmassnahmen die geplanten Proteste nicht verhindern. «Die Bewegung ‹Frau, Leben, Freiheit› setzt ihren Weg entschlossen und siegesbewusst fort», hiess es in einer der zahlreichen Instagram-Botschaften der Aktivisten.
Zu den renommierten Aktivisten gehören auch die beiden iranischen Friedensnobelpreisträgerinnen Schirin Ebadi und die in Teheran inhaftierte Narges Mohammadi.
Harte Regierungshandlung gegen Demonstrationen
Unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit» begann mit dem Tod Aminis 2022 eine Frauen- und Protestbewegung, die sich nicht nur gegen die islamischen Vorschriften richtete, sondern gegen den Islam als politische Ideologie des Landes. Die damalige Regierung unter dem inzwischen verstorbenen Präsidenten Ebrahim Raisi ging mit aller Härte gegen die Demonstrationen vor.
Unbestätigten Berichten zufolge kamen im Zuge der monatelangen Proteste Hunderte Demonstranten ums Leben, Tausende wurden festgenommen.
Mindestens zehn Demonstranten wurden wegen gewaltsamer Protestaktionen hingerichtet, fast 20 weitere zum Tode verurteilt. Die iranische Justiz hat diese Statistiken zwar nicht bestätigt, dementiert sie aber auch nicht.
Veränderungen in der islamischen Kleiderordnung
Seit den Protesten ignorieren vor allem in Grossstädten immer mehr iranische Frauen die Pflicht zum Tragen des obligatorischen Kopftuchs. Es gibt zwar weiter regelmässige – teils auch gewaltsame – Kontrollen seitens der Sittenpolizei, aber ohne den von der Führung erhofften Erfolg.
Auch die islamische Kleiderordnung wird von den Frauen nicht mehr strikt beachtet. Lange Jacken und Gewänder sollten die «provokanten weiblichen Körperkonturen» bedecken. Dies jedoch ist seit den Protesten immer weniger der Fall.
Für den Klerus und die Hardliner ist die islamische Kleiderordnung und insbesondere das obligatorische Kopftuch für Frauen Teil der islamischen Ideologie und daher nicht verhandelbar.
Mit der Operation «Nur» – «Licht» im Sinne von moralischer Aufklärung – sollte die Sittenpolizei die Einhaltung der Kleiderordnung gewährleisten. Dies jedoch scheiterte erneut und führte sogar zu Kritik in den eigenen Reihen.
«Ich verspreche euch (Frauen), dass die Kontrollen abgeschafft werden», sagte der neue Präsident Massud Peseschkian während des Wahlkampfs. Laut Beobachtern war dieser eine Satz auch ausschlaggebend für seinen Wahlsieg im Juli.