Israel-Gaza-Krieg

Israel-Krieg: Gesundheitssystem im Gazastreifen kurz vor Kollaps

Kaspar Schwarzenbach
Kaspar Schwarzenbach

Palestina,

Wegen des Krieges steht das Gesundheitssystem im Gazastreifen kurz vor dem Kollaps: Ein IKRK-Chirurg berichtet von der wachsenden Verzweiflung der Mediziner.

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IKRK-Chirurg Dr. Tom Potokar berichtet aus dem Europäischen Krankenhaus in Gaza. - X / @IKRK

Das Wichtigste in Kürze

  • Das grösste Krankenhaus im Gazastreifen hat keinen Strom mehr und stellt den Betrieb ein.
  • IKRK-Chirurg Tom Potokar berichtet von wachsender Verzweiflung bei den Medizinern.
  • «Die Dinge entwickeln sich vom Schlechten zum Schlimmeren», erklärt er im Videotagebuch.

Palästinensischen Angaben zufolge hat das al-Shifa-Spital in Gaza-Stadt heute seinen Betrieb eingestellt. Demnach ist dem grössten Spital im Gazastreifen der Treibstoff ausgegangen – der Notstromgenerator könne nicht länger betrieben werden.

Allgemein ist die medizinische Versorgungslage im Kriegsgebiet prekär: Bereits am Freitag hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mitgeteilt, dass 20 der 36 Krankenhäuser in Gaza nicht mehr betrieben werden könnten.

Israel-Krieg Gaza Gesundheitssystem
Das al-Shifa-Spital in Gaza-Stadt hat keinen Strom mehr: Die grösste Klinik im Gazastreifen musste heute den Betrieb einstellen. (Archivbild) - keystone

Laut einem Mediziner des al-Shifa-Spitals soll inzwischen gar nur noch eine einzige Klinik in Betrieb sein: Das al-Ahli-Krankenhaus, das jüngst in den Schlagzeilen stand, nachdem es vermutlich von einer fehlgezündeten palästinensischen Rakete getroffen wurde.

IKRK-Chirurg Tom Potokar berichtet aus Gaza

Auf X berichtet der IKRK-Chirurg Tom Potokar regelmässig von der wachsenden Verzweiflung unter dem medizinischen Personal im Gazastreifen.

Die Teams seien zunehmend erschöpft und die Situation werde immer aussichtsloser: Unzureichende Ressourcen, fehlende Elektrizität und Mangel an Materialien zur Behandlung der Patienten.

«Die Dinge entwickeln sich derzeit vom Schlechten zum Schlimmeren, wenn man sich das überhaupt vorstellen kann. Aber leider ist es das Szenario im Moment», erklärte der Chefchirurg am Donnerstag in seinem Videotagebuch.

Gestern veröffentlichte der auf Brandverletzungen spezialisierte Mediziner einen weiteren Eintrag in seinem Videotagebuch: Nicht nur die Mangellage bereite den Ärzten und Krankenpflegern Sorgen – viele von ihnen hätten wegen israelischen Bombardements Verwandte verloren.

«Während der Operation erhielt unser OP-Krankenpfleger – ein Palästinenser – einen Anruf: Das Haus seines Schwagers und seines Schwiegervaters wurde bei einem israelischen Luftangriff heute Morgen getroffen. Man teilte ihm mit, dass sie beide getötet wurden. Mein orthopädischer Kollege – auch ein Palästinenser – erhielt letzte Woche einen ähnlichen Anruf.»

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IKRK-Chirurg Dr. Tom Potokar berichtet aus dem Europäischen Krankenhaus in Gaza. - X / @ICRC_ilot

Am Freitagmorgen wurden Potokar und seine Kollegen von einem «ziemlich heftigen Bombardement» geweckt. Erneut habe es eine ganze Reihe von Einlieferungen gegeben. Die Mediziner mussten demnach in fünf Sälen operieren und waren dennoch nicht in der Lage, alle Patienten zu behandeln.

IKRK ruft zum Schutz medizinischer Einrichtungen auf

Das IKRK ruft dringend zur Achtung und zum Schutz der medizinischen Einrichtungen, der Patienten und des Personals auf: «Dieser Schutz ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern ein moralisches Gebot, um in diesen schrecklichen Zeiten Menschenleben zu retten!»

In einer Medienmitteilung erklärt die Non-Profit-Organisation, das Gesundheitssystem im Gaza stehe kurz vor dem totalen Zusammenbruch. Mit der Schliessung des al-Shifa-Spitals wird sich diese Situation nun noch weiter zuspitzen.

Ferner verweist das IKRK auf das humanitäre Völkerrecht, wonach Krankenhäuser besonders geschützte Einrichtungen sind, die von Kampfhandlungen verschont werden müssten.

Verfolgen Sie die Geschehnisse rund um den Israel-Krieg?

Das weiss auch die Hamas: Berichten zufolge soll die Terrororganisation eines ihrer Hauptquartiere unter dem al-Shifa-Spital errichtet haben. Dies teilten die israelischen Streitkräfte Ende Oktober mit – die Behauptung konnte bisher aber nicht von unabhängiger Seite verifiziert werden.

Kommentare

User #1644 (nicht angemeldet)

Was sagen die Hamas zum Palastina-Krieg? Warum leisten die Hamas keine Humanitäre Hilfe, oder spenden ihr gebunkertes Diesel dem ach so kollabierenden Spital? Alle in Palastina wussten, dass das geschehen wird!

User #3923 (nicht angemeldet)

Die Hamas will das so.

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