Israel-Krieg: Palästinenserinnen müssen Babys zu Hause gebären
Eine Mutter erzählt von ihrer qualvollen Hausgeburt in Gaza. Aufgrund der israelischen Bombardierungen hätte der Weg zum Spital lebensgefährlich sein können.
Das Wichtigste in Kürze
- Nur noch 8 von 36 Spitälern in Gaza sind funktionstüchtig.
- Viele Frauen müssen ihre Kinder zu Hause gebären, ohne medizinische Versorgung.
- Aufgrund der israelischen Bombardierungen könnte der Weg zum Spital lebensgefährlich sein.
Hanan aus Gaza, die diesen Monat ihr viertes Kind gebären sollte, wäre nur allzu gerne ins Spital dafür. Dies wäre aufgrund der israelischen Bombardierungen aber viel zu gefährlich gewesen. «Ins Spital zu gehen, hätte bedeutet, unsere Leben zu riskieren», sagt sie gegenüber dem «Guardian». Der Israel-Krieg zwang sie zu einer Hausgeburt.
Der kleine Junge kam also zu Hause auf die Welt, vor den Augen seiner Geschwister. Hanan erinnert sich: «Das Weinen meiner Tochter brach mir das Herz. Ich konnte sie nicht beruhigen, und sie hatte Angst vor meinen Schreien. Inmitten meiner eigenen Angst und meines eigenen Schmerzes kämpfte ich also darum, sie zu beruhigen.»
Für die Kinder versuchte Hanan, nicht zu schreien. Doch ohne medizinische Hilfe und schmerzlindernde Mittel war die Geburt qualvoll. Sie erzählt: «Der Schmerz war unerträglich und ich wollte unbedingt ins Spital. Doch die Situation draussen machte es unmöglich.»
Hanans einzige Unterstützung: die anderen Frauen in ihrem Wohnblock. Sie kamen, um die Gebärende in der langen Nacht zu unterstützen und ihr gut zuzureden. Ausserdem benutzten sie ihre Handy-Taschenlampen, um Licht zu machen: Im Israel-Krieg ist Elektrizität im Gazastreifen Mangelware.
«Musste Nabelschnur mit Küchenschere schneiden»
Eine der Anwohnerinnen, Haya, war sogar Krankenpflegerin. Doch auch sie konnte der gebärenden Frau nur wenig helfen.
Einerseits hatte sie noch nie ein Kind ohne ärztliche Hilfe in die Welt gebracht. Andererseits fehlten ihr alle medizinischen Mittel: «Ich musste improvisieren und die Nabelschnur mit einer Schere aus Hanans Küche durchschneiden», erzählt sie.
Der Neugeborene ist zum Glück gesund. Seine Mutter sagt: «Schon als Neugeborenes hat er bemerkenswerte Stärke bewiesen. Er trotzte den israelischen Bombardements und dem Mangel an Nahrung und medizinischer Grundversorgung, um auf die Welt zu kommen.»
Israel-Krieg: Fast ohne medizinische Versorgung täglich 100 Geburten
Ähnlich wie Hanan geht es vielen Palästinenserinnen. Die Spitäler sind mit Kriegsverletzten völlig überlastet, nur acht von 36 sind noch funktionstüchtig. Täglich werden in Gaza ungefähr 100 Kinder geboren, berichtet die UNO.
Die üblichen Tests für Neugeborene können die wenigsten machen – es fehlt an Nahrung, Wasser und medizinischer Grundversorgung.
Hanan ist in Syrien aufgewachsen, schreibt der «Guardian». Um dem Bürgerkrieg dort zu entkommen, ist sie nach Gaza geflohen – nur um im Israel-Krieg zu landen. Ihre Hoffnung scheint aber unermüdlich: «Ich habe meinen Sohn Ward genannt – das bedeutet ‹Blumen›. Ich hoffe, er wird eine Zukunft haben, die so schön ist wie Rosen.»