Israel-Krieg: Kinder auf Krebsstation in Gaza nicht evakuiert
Die einzige Kinderkrebsstation in Gaza befindet sich im Norden. Die Patienten konnten nicht evakuiert werden, die Angst vor Israels Luftangriffen ist immens.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Kinderkrebsstation im nördlichen Teil von Gaza wurde bisher nicht evakuiert.
- Laut einer behandelnden Ärztin ist eine Reihe der Patienten nicht stabil genug dafür.
- Wegen andauernden Luftangriffen Israels drohen die Kinder, lebendig begraben zu werden.
Am 13. Oktober befahl die israelische Regierung allen Zivilisten in der nördlichen Region des Gazastreifens, nach Süden zu fliehen. Rund eine Million Einwohner und 22 Krankenhäuser waren zur Evakuierung aufgerufen – darunter auch das Al-Rantisi-Krankenhaus mit der einzigen Kinderkrebsstation in ganz Gaza. Ein UN-Sprecher meinte zum damaligen Befehl Israels, dass eine solche Gross-Evakuierung «unmöglich ohne verheerende humanitäre Folgen» durchführbar sei.
Von einer «unmöglichen Situation», spricht auch Dr. Zeena Salman, die sich ehrenamtlich auf der erwähnten Kinderkrebsstation engagiert. Gegenüber der US-Nachrichtenseite «The Daily Beast», erklärt die amerikanische Kinderonkologin, dass «eine Reihe von Patienten nicht stabil» genug sei, um in ein anderes Krankenhaus verlegt zu werden. Sie befürchtet ausserdem, dass anderswo nicht genügend Ressourcen für die zehn stationär behandelten Kinder vorhanden sein könnten.
Seit Israel als Reaktion auf die Angriffe der militanten Hamas-Gruppe mit seinen unerbittlichen Luftangriffen auf Gaza begonnen hat, ist die Kinderkrebsstation laut Salman ausserdem zu einer provisorischen Unterkunft für Patienten und ihre Familien geworden. Viele hätten nämlich ihre Häuser bereits verloren, heisst es.
«Und so bleiben diese Kinder und ihre Familien, weil sie keine andere Wahl haben. Einige von ihnen benötigen regelmässig Blut- oder Blutplättchentransfusionen», erklärt Salman. «Darüber hinaus gibt es Krankenschwestern, Sozialarbeiter und andere, die ihre Häuser evakuiert haben», fügte sie hinzu.
«Kinder könnten sterben, weil ihnen die Medikamente fehlen»
Für den Leiter der US-Wohltätigkeitsorganisation, die die Eröffnung der Krebsstation in Gaza finanziert und ermöglicht hat, gehen die Schrecken des Krieges über die Gefahr hinaus, dass eine Rakete das Krankenhaus treffen könnte. «Die Häuser dieser Kinder wurden zerstört, ihre Angehörigen getötet und sie könnten langsam selbst sterben, weil ihnen die Medikamente abgeschnitten wurden», betont Steve Sosebee, Salmans Ehemann.
Sosebee ist ein amerikanischer Staatsbürger, der seit etwa 30 Jahren zwischen den USA und den palästinensischen Gebieten hin und her pendelt. Mit Blick auf Israels Gegenreaktion spricht er von einer «absoluten Unmenschlichkeit». «Wir haben noch nie eine solche völlige Missachtung des menschlichen Lebens gesehen. Der immer wieder ununterbrochene Einsatz von Hochleistungswaffen gegen unschuldige Zivilisten geht über die Grenzen der Menschlichkeit hinaus.»
Seit dem Angriff auf Israel am 7. Oktober, bei dem Hamas-Kämpfer etwa 1400 israelische Bürger töteten und etwa 200 weitere als Geiseln nahmen, wurden mehr als 5000 Bewohner des Gazastreifens bei israelischen Luftangriffen getötet. Nun dürfte eine drohende Bodenoffensive in Gaza die Zahl der Todesopfer mit Sicherheit erhöhen.
«Es ist eine tragische Situation»
Das Krankenhauspersonal der Kinderkrebsabteilung schickte Videos von der Station an «The Daily Beast», die die in der Einrichtung behandelten Kinder und ihre Familien zeigen. Aufgrund von Telefonunterbrechungen in Gaza, war es den Journalisten aber laut eigenen Angaben nicht möglich, die Patienten und ihre Familien direkt zu befragen.
In einem der Clips ist demnach eine Frau mit einem Säugling auf dem Schoss zu sehen. Neben ihr sitzt ihre kleine Tochter, die etwa zehn Jahre alt zu sein scheint. «Wir haben keine Winterkleidung, keine Milch, keine Windeln», sagt die Mutter im Gespräch mit einem Krankenhausmitarbeiter. Dieser erwähnt in dem Video, dass das Haus der Familie durch einen Luftangriff zerstört wurde.
Bei einer Videotour durch die Station ist der Mitarbeiter zu hören, wie er sagt: «Dies ist ein Ort, an dem Krebspatienten geheilt werden, und das ist das Leid, das wir durchmachen. Es ist eine tragische Situation».