Israel weitet Militäreinsatz in Gaza aus
Israels Armee weitet ihre Offensive im Gazastreifen aus – laut UN sind Hunderttausende Palästinenser auf immer engerem Raum entlang der Küste eingeschlossen.

Israels Armee dehnt ihre Bodeneinsätze im Gazastreifen aus und drängt nach UN-Angaben Hunderttausende Palästinenser in ein immer kleineres Gebiet an der Mittelmeerküste. Israel will nach eigener Darstellung eine grössere Pufferzone entlang seiner Grenze schaffen.
Ein Militärsprecher forderte am Abend Bewohner im Raum Nuseirat im Zentrum Gazas zum sofortigen Verlassen ausgewiesener Viertel auf. Laut der Armee war von dort zuvor auf Israel geschossen worden. Eine Rakete wurde demnach abgefangen.
Derweil wurde unbestätigten arabischen Berichten zufolge ein Klinikgebäude in Gaza-Stadt im Norden des abgeriegelten Gebiets bei Luftangriffen getroffen. Israels Truppen haben in der Stadt neue Einsätze begonnen, um Infrastruktur der islamistischen Hamas zu zerstören und eine «Sicherheitszone» in dem Gebiet auszubauen, wie ein Armeesprecher erklärte. Dutzende Terroristen seien getötet worden.
Militäreinsatz weitet sich aus
Stunden zuvor hatte Israels Verteidigungsminister Israel Katz eine Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen angekündigt. Die Armee soll nach seinen Angaben umfangreiche Gebiete in dem abgeriegelten Küstenstreifen erobern, die zu israelischen «Sicherheitszonen» werden sollen. Die seit Samstag umzingelte Stadt Rafah im Süden sei nun Teil einer solchen Zone, schrieb Katz israelischen Medien zufolge in einer an die palästinensische Bevölkerung gerichteten Stellungnahme.

Israels Militär werde seinen Einsatz bald auf weitere Teile des Gazastreifens ausweiten. Die Bevölkerung werde die Kampfgebiete verlassen müssen, hiess es weiter. Nach einer rund zweimonatigen Waffenruhe hatte Israels Armee ihre massiven Angriffe Mitte März wieder aufgenommen, nachdem keine Einigung mit der Hamas auf eine Verlängerung erzielt worden war.
Zwangsevakuierungen und humanitäre Krise
Seither wurden nach Schätzung des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA fast 400.000 Menschen innerhalb des abgeriegelten Gazastreifens vertrieben. Insgesamt leben in dem dicht besiedelten Gebiet am Mittelmeer mehr als zwei Millionen Menschen.
Die immer häufigeren Evakuierungsbefehle von Israels Armee hätten dazu geführt, dass Palästinenser gewaltsam in immer kleiner werdende Gebiete gedrängt werden, in denen sie kaum oder gar keinen Zugang zu Wasser, Nahrung und Unterkünften hätten, beklagte das UN-Menschenrechtsbüro.
Verstoss gegen Genfer Konventionen
Eine vorübergehende Evakuierung von Zivilisten in bestimmten Gebieten könne zwar unter strengen Bedingungen legal sein. «Art und Umfang der Evakuierungsbefehle geben jedoch Anlass zu der ernsthaften Besorgnis, dass Israel beabsichtigt, die Zivilbevölkerung dauerhaft aus diesen Gebieten zu vertreiben, um eine sogenannte Pufferzone zu schaffen», sagte die Sprecherin des Büros, Ravina Shamdasani, am Freitag in Genf. Eine Zwangsvertreibung verstosse gegen die Genfer Konventionen zum Schutz der Zivilbevölkerung unter einer Besatzungsmacht. Das sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Seit mehr als einem Monat lässt Israel zudem keine humanitären Hilfsgüter mehr nach Gaza. Mit der Massnahme, die vor allem die notleidende Zivilbevölkerung trifft, will Israel den Druck auf die Hamas erhöhen.
Hoffnung auf Geiselaustausch
Die letzten israelischen Geiseln sollen ausgehändigt werden, welche bei dem Terrorüberfall der Hamas und anderer Extremisten auf Israel am 7. Oktober 2023 verschleppt worden waren. Die Hamas ist jedoch nur zur Freilassung der 24 Geiseln und Übergabe von 35 Leichen von Entführten bereit, wenn Israel einem Ende des Kriegs zustimmt.
In der israelischen Grossstadt Tel Aviv erinnerten mehrere Hundert Menschen während des Pessach-Festes, einem der wichtigsten jüdischen Feste, an das Schicksal der Geiseln. Unter freiem Himmel beim sogenannten Seder-Mahl hielten einige an ihrem Tisch symbolisch einen leeren Stuhl frei, andere stellten Bilder der Geiseln auf.
Verhandlungen in Ägypten
Eine Delegation der Hamas reiste unterdessen nach eigenen Angaben auf Einladung der ägyptischen Regierung nach Kairo. Es gehe darum, über einen Austausch von Geiseln gegen palästinensische Häftlinge zu sprechen. Die Hamas hält demnach an ihrer Bedingung fest, dass Israel den Krieg beendet und sich vollständig aus dem Gazastreifen zurückzieht. Israels Führung lehnt das ab. Ihr Ziel ist die vollständige Zerschlagung der Hamas.