Israels neues Nationalitätsgesetz birgt grosses Spaltpotenzial
Ein neues Gesetz verankert Israels Status als jüdische Heimstätte. Kritiker sehen darin eine Verletzung der Rechte der arabischen Minderheit.
Das Wichtigste in Kürze
- In Israel regt sich Widerstand gegen das neue Nationalitätsgesetz.
- Das Gesetzt schränke die Rechte der arabischen Bevölkerung Israels ein.
Gleich nach der Billigung des umstrittenen «Nationalitätsgesetzes» bricht in Israels Parlament heftiger Tumult aus. «Apartheid, Apartheid», rufen arabische Abgeordnete lautstark. Demonstrativ reissen sie den Gesetzentwurf in Fetzen, bevor sie aus dem Saal entfernt werden. Einer von ihnen hatte zuvor als Zeichen des Protests eine schwarze Flagge geschwenkt.
Das kontroverse neue Gesetz, das in der Nacht zum Donnerstag mit knapper Mehrheit von 62 der 120 Abgeordneten gebilligt wird, birgt grosse soziale und politische Sprengkraft. Es verankert den jüdischen Charakter Israels als ein Grundgesetz.
Entschärfte Version
Viele der Klauseln sind zwar eher symbolisch und legen Tatsachen fest, die ohnehin seit Jahrzehnten gelten: Israels Flagge, Nationalhymne, der hebräische Kalender und die jüdischen Feiertage werden als staatliche Symbole verankert. Und besonders kontroverse Artikel wurden in dem gebilligten Entwurf deutlich entschärft.
Keine Gleichberechtigung
Die arabische Minderheit – etwa ein Fünftel der rund neun Millionen Israelis – sieht jedoch zwei Artikel als besonders diskriminierend an. Bisher war Arabisch in Israel zweite Amtssprache, in Zukunft soll nur noch Hebräisch offizielle Landessprache sein. Ein weiterer Artikel will ausserdem «die Entwicklung jüdischer Gemeinden» in Israel fördern. Dies könnte als Billigung für den Ausschluss arabischer Einwohner in solchen Gemeinden gedeutet werden.
Das Israelische Demokratie-Institut (IDI) kritisiert, das Gesetz enthalte anders als die israelische Unabhängigkeitserklärung keine Verpflichtung zur Gleichberechtigung aller Bürger. Das neue Gesetz störe deshalb das Gleichgewicht zwischen den Werten jüdisch und demokratisch.
Kritik auch von eigener Partei
Die rechts-religiöse Koalition des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu feiert die Verabschiedung des Gesetzes jedoch ausgelassen. «Dies ist ein Schlüsselmoment in der Geschichte des Zionismus und des Staates Israel», sagt Netanjahu vor den Abgeordneten. «Israel ist der Nationalstaat des jüdischen Volkes, ein Nationalstaat, der die Rechte all seiner Bürger respektiert», betont er.
Bei der arabischen Minderheit vertieft das neue Gesetz jedoch auch in seiner entschärften Form das Gefühl der Diskriminierung. «Ich muss meinen Kindern heute sagen, (...), dass der Staat Israel erklärt hat, dass er uns hier nicht haben will», sagte der arabische Abgeordnete Aiman Auda. Er spricht von einem «Gesetz für jüdische Vorherrschaft», das den Arabern signalisiere, «dass wir immer Bürger zweiter Klasse bleiben werden».
Kritik an dem Gesetz wird auch innerhalb der Regierungspartei Likud laut. Der Abgeordnete Benny Begin, Sohn des Likud-Gründers und ehemaligen Ministerpräsidenten Menachem Begin, enthält sich bei der Abstimmung. Er begründet dies damit, dass das Gesetz in seiner gegenwärtigen Form die Rechte der arabischen Minderheit verletze. «Dies ist eine Entscheidung, die ich von der Likud-Führung nicht erwartet hätte.»