Libanesen wählen in schwerer Krise Parlament – Hoffnung auf Wandel
Inmitten seiner schwersten Krise seit Jahrzehnten wählt der Libanon am Sonntag ein neues Parlament. Es gibt Hoffnung auf Wandel.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Libanon steckt in seiner schlimmsten Krise seit dem 1990 beendeten Bürgerkrieg.
- Nun finden heute Sonntag Wahlen statt.
- Die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise im Land hat im Herbst 2019 begonnen.
Die Libanesen haben inmitten der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise in der Geschichte ihres Landes ein neues Parlament gewählt. Vor allem viele jüngere Wähler hofften am Sonntag angesichts der schwierigen Lage auf einen Sieg oppositioneller Kandidaten.
Sie machen für den Niedergang des Libanon die seit Jahrzehnten regierenden Parteien verantwortlich. Es ist die erste Parlamentswahl seit der Explosionskatastrophe vor fast zwei Jahren, die Hafen und Zentrum der Hauptstadt Beirut massiv zerstörte.
Fast vier Millionen Menschen waren aufgerufen, die 128 Mitglieder des Abgeordnetenhauses zu bestimmen.
Lange Schlangen vor Wahllokalen
In Beirut kam es am Vormittag zu langen Staus auf den Strassen und Schlangen vor Wahllokalen. Erste vorläufige inoffizielle Ergebnisse könnte es am Sonntagabend geben.
Die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise hat im Herbst 2019 begonnen und trifft grosse Teile der Bevölkerung. Nach UN-Angaben leben rund drei Viertel der Menschen im Libanon mittlerweile unter der Armutsgrenze. Die libanesische Währung hat mehr als 90 Prozent ihres Wertes verloren. Die Inflation liegt bei mehr als 200 Prozent.
Im Alltag kämpfen die Libanesen mit Mangelversorgung. So haben viele Haushalte nur wenige Stunden am Tag Strom. Auch lebenswichtige Medikamente fehlen. Zuletzt wuchsen die Sorgen vor einer Brotkrise.
Vorhersagen kaum möglich
Wegen eines komplizierten Wahlsystems sind genauere Vorhersagen kaum möglich. Die Chancen auf einen grösseren Wandel seien jedoch gering, sagte der libanesische Politikprofessor Imad Salamah. «Das Wahlsystem ist darauf zugeschnitten, das politische Establishment zu erhalten.»
Viele Beobachter rechnen damit, dass die mit dem Iran verbündete schiitische Hisbollah ihre ohnehin starke Stellung festigen kann. Unklar ist, wie sich der Rückzug des bislang wichtigsten sunnitischen Politikers, Saad al-Hariri, auswirkt. Der Ex-Ministerpräsident hatte im Januar überraschend seinen Verzicht auf eine Kandidatur verkündet.