Lula gewinnt erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien
Lula erhält im ersten Wahlgang in Brasilien rund vier Prozentpunkte mehr als Amtsinhaber Jair Bolsonaro. Wer Präsident wird, wird am 30. Oktober entschieden.
Das Wichtigste in Kürze
- Lula da Silva gewinnt den ersten Wahlgang der Präsidentenwahl in Brasilien.
- Er kommt auf 47,97 Prozent der Stimmen, Bolsonaro auf 43,60 Prozent.
- Am 30. Oktober kommt es zur Stichwahl zwischen den beiden Politikern.
Überraschend knapp hat Luiz Inácio Lula da Silva die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien gewonnen. Der linke Ex-Staatschef kam auf 47,97 Prozent, der rechte Amtsinhaber Jair Bolsonaro erhielt 43,60 Prozent der Stimmen. Dies teilte das Wahlamt am Sonntag mit
Das Ergebnis war allerdings sehr viel enger als erwartet: In den Umfragen lag Lula zuletzt deutlich vorn. Nach Einschätzung von Experten bekannten sich viele Befragten nicht zu ihren tatsächlichen Favoriten oder entschieden sich erst am Wahltag.
Da keiner der Kandidaten über 50 Prozent der Stimmen holen konnte, treten Lula und Bolsonaro am 30. Oktober in einer Stichwahl gegeneinander an. Sollte Ex-Präsident Lula (2003-2010) auch in der zweiten Runde gewinnen, wäre er der erste demokratische Präsident Brasiliens, der in eine dritte Amtszeit geht. Neben dem künftigen Präsidenten wurden am Sonntag auch Abgeordnete, Senatoren und Gouverneure gewählt.
Viele Anhänger des 76-Jährigen verbinden Lula mit den goldenen Zeiten Brasiliens, als die Wirtschaft aufgrund der hohen Rohstoffpreise boomte und die Regierung mit Hilfe von Sozialprogrammen Millionen Menschen aus der bittersten Armut holte. Für seine Gegner hingegen ist Lula verantwortlich für Korruption und Vetternwirtschaft.
Die Wahl hat die grösste Volkswirtschaft Lateinamerikas extrem gespalten. Lula bezeichnete Bolsonaro wegen dessen zögerlicher Corona-Politik als Völkermörder. Bolsonaro nannte seinen Kontrahenten nach dessen Verurteilung wegen Korruption einen Dieb.
«Die Mehrheit der Gesellschaft will keine Konfrontation, sie will Frieden», sagte Lula nach seiner Stimmabgabe am Sonntag. «Ich denke, es wird uns leicht fallen, Demokratie und Frieden in diesem Land wiederherzustellen.»
Radikale Bolsonaro-Anhänger fordern Militärputsch
Die Unterstützer von Bolsonaro sehen ihren Staatschef hingegen als Verteidiger traditioneller Familienwerte und wirtschaftlicher Freiheit. Radikale Anhänger des Hauptmanns der Reserve forderten bei Demonstrationen unverhohlen einen Militärputsch.
Der rechte Präsident hatte zuletzt immer wieder Zweifel am Wahlsystem gestreut und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. «Worauf es ankommt, sind saubere Wahlen ohne Probleme», sagte er am Sonntag. «Möge der Bessere gewinnen.»
Die Präsidentenwahl in Brasilien hat auch für den Rest der Welt eine grosse Bedeutung. Als riesiger Kohlenstoffspeicher spielt das Amazonasgebiet im Kampf gegen den weltweiten Klimawandel eine wichtige Rolle. Gerade angesichts der angespannten Lage auf dem Energie- und Lebensmittelmarkt wegen des Ukraine-Kriegs ist das Land mit seinen enormen natürlichen Ressourcen und seiner grossen Agrarwirtschaft auch ein interessanter Handelspartner.