Nicaragua: Oppositionellen-Frauen warten vor den Gefängnissen
Die Guten hatten in Nicaragua gewonnen. Damals gab «Comandante Daniel» der Bevölkerung Freiheit und Sicherheit. Heute lässt er Demonstranten einsperren.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Oppositionskrieg in Nicaragua hält weiter an.
- Dutzende regierungskritische Demonstranten sind inhaftiert.
- Ihre Verwandten warten vor dem Gefängnis «El Chipote».
Die Familie von Esmilse Patricia Campos hatte gerade das Frühstück beendet, als Polizisten ihren Ehemann mitnahmen. «Ich habe gefragt: Warum? Sie haben mir nicht geantwortet», sagt die Frau, die nun vor dem Gefängnis «El Chipote» in Nicaraguas Hauptstadt Managua steht, in den Händen einen Rosenkranz und ein Paket Kekse. «Meine Nachbarin hat gesagt, das sei passiert, weil wir zu den Märschen gegangen sind», sagt Campos.
Gemeint sind die regierungskritischen Demonstrationen, die das mittelamerikanische Land seit Wochen in Atem halten. Mehr als 300 Menschen sind nach Angaben von Menschenrechtlern bei Zusammenstössen mit Sicherheitskräften in den vergangenen zwei Monaten ums Leben gekommen.

Wartende Frauen
Mit Campos warten rund 20 weitere Frauen vor dem Gefängnis. Dort sass 1968 auf Anordnung des Diktators Anastasio Somoza auch der linke Guerilla-Kämpfer Daniel Ortega ein. Heute ist Ortega Präsident und nutzt das Gefängnis «El Chipote», um seinerseits Oppositionelle einsperren zu lassen. Hunderte wurden ohne richtigen Haftbefehl mitgenommen.
Der Konflikt in dem Land mit seinen 6,4 Millionen Einwohnern eskalierte im April, als Ortega im April eine Sozialreform ankündigte. Die Pensionen sollten gekürzt, dafür aber Steuern angehoben werden, wie Geoff Thale vom Forschungsinstitut Washington Office on Latin America (WOLA) erklärt. Die Menschen gingen auf die Strassen.

Bald Neuwahlen
Seither kommt das Land nicht zur Ruhe. Viele Menschen trauen sich nicht mehr aus ihren Häusern. In Managua lauern Scharfschützen auf Dächern. Ein Hoffnungsschimmer sind vorgezogene Neuwahlen, die unter anderem auch von der Organisation Amerikanischer Staaten gefordert werden. Was das aber für die inhaftierten Oppositionellen und ihre Frauen heisst, bleibt ungewiss.