Pakistan: Premier Khan verliert Misstrauensvotum
Imran Khan, der Premier von Pakistan, ist abgesetzt worden. Er hat das Misstrauensvotum, das er zu verhindern versuchte, knapp verloren.
Das Wichtigste in Kürze
- Pakistans Premier Imran Khan hat das Misstrauensvotum verloren.
- Er versuchte es zu verhindern, ein Gericht verbot dies aber.
- Khan hatte mit hohen Lebensmittelpreisen und der Corona-Krise zu kämpfen.
Pakistans Parlament hat Premierminister Imran Khan das Vertrauen entzogen. In einem Misstrauensvotum stimmten 174 von 342 Abgeordneten gegen den ehemaligen Kricketstar. Das verkündete ein Parlamentsvorsitzender in der Nacht von Samstag auf Sonntag (Ortszeit) in der Hauptstadt Islamabad.
Anhänger der Regierungsparteien hatten den Saal zuvor verlassen. Khan ist der erste Premier in der Geschichte Pakistans, der durch ein Misstrauensvotum abgesetzt wird.
Oppositionsführer Shehbaz Sharif dankte den Unterstützern für ihren Kampf. «Diese Einigkeit wird Pakistan wieder aufbauen», sagte Sharif.
Seit den Morgenstunden hatte Pakistan gespannt auf das Votum gewartet. Die geplante Abstimmung hatte der Oberste Gerichtshof am Donnerstag angeordnet. Vor knapp einer Woche wurde diese wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit nicht abgehalten. Auch die darauf folgende Auflösung des Parlaments durch Präsident Arif Alvi wurde rückgängig gemacht.
Parlamentssprecher verzögert Abstimmung und tritt zurück
Die Abstimmung wurde zunächst durch Parlamentssprecher Asad Qaiser, der die Sitzung leitete, immer weiter verzögert. Die hitzigen Debatten zwischen Regierung und Opposition wurden mehrfach unterbrochen. Kurz vor Mitternacht trat Qaiser, der Khans Regierungspartei angehört, überraschend zurück und machte den Weg frei.
Das Regierungsviertel in der Hauptstadt Islamabad war nach Einbruch der Dunkelheit von hunderten Sicherheitskräften abgeschirmt. Seit Tagen bereits waren wichtige Zufahrtsstrassen zum Parlamentsgebäude aus Sorge vor gewaltsamen Protesten mit Schiffscontainern blockiert.
Aussenminister Shah Mehmood Qureshi sprach am Samstag von einer ausländischen Verschwörung und forderte Geschlossenheit in Pakistan. Den Vorwurf, dass die USA Khans Regierung stürzen wollten, hatte der Premier selbst in den vergangenen Tagen immer wieder geäussert. Beweise dafür lieferte er keine.
Diese könnten der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden, weil sie als geheim eingestuft sind, erklärten Regierungsvertreter. Es war in der Debatte das Hauptargument, das Votum nicht abhalten zu wollen.
Pakistan: Lebensmittelpreise zuletzt stark gestiegen
Die Allianz an Oppositionspolitikern, die das Misstrauensvotum vorantrieb, wirft Khan schlechte Regierungsführung und Inkompetenz in Wirtschaftsfragen vor. Zuletzt waren die Preise für Lebensmittel, Benzin oder Gas in der südasiatischen Atommacht mit rund 220 Millionen Einwohnern massiv gestiegen.
Einen Strich durch die Rechnung machte dem Premier die Corona-Pandemie, die Pakistan eine massive Wirtschaftskrise bescherte. Er musste strenge Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) mit neuen Steuern und Steuererhöhungen erfüllen, um wieder an Gelder zu kommen. Khan verfügte nur über eine dünne Mehrheit im Parlament.
Die Atommacht war mehr als die Hälfte seines Bestehens vom Militär regiert worden. Dieses hatte sich viermal an die Macht geputscht. Manche Beobachter äusserten Befürchtungen, dass eine anhaltende Pattsituation es zum Eingreifen zwingen könnte.
Andere hielten dies für unwahrscheinlich. Die Armee würde es vielmehr vorziehen, wenn die Zivilisten für die aktuelle wirtschaftliche Misere den Kopf hinhalten. Dies schrieb etwa der Pakistan-Experte Michael Kugelman in «Foreign Policy».