Sohn von Tschads getötetem Staatschef übernimmt die Macht in Armee und Politik
Nach dem gewaltsamen Tod von Tschads langjährigem Staatschef Idriss Déby Itno steht nun dessen Sohn an der Spitze von Staat und Militär.
Das Wichtigste in Kürze
- Opposition spricht von «institutionellem Staatsstreich».
Der 37-jährige General Mahamat Idriss Déby «bekleidet das Amt des Präsidenten der Republik und des Obersten Chefs der Streitkräfte», hiess es in einer am Mittwoch vom Präsidentenbüro veröffentlichten Übergangscharta. Die Opposition sprach von einem «institutionellen Staatsstreich».
Idriss Déby Itno, der den Tschad 30 Jahre lang regiert hatte, war nach Armeeangaben am Wochenende bei Kämpfen gegen Rebellen im Norden des Landes verletzt worden und am Dienstag gestorben. Die Armee reagierte rasch: Noch am selben Tag verkündete sie die Auflösung von Parlament und Regierung und versprach Neuwahlen - allerdings erst nach einer 18-monatigen Übergangsphase. Diese kann laut der neuen Charta noch einmal verlängert werden.
Ein militärischer Übergangsrat aus treuen Verbündeten des toten Präsidenten und mit seinem Sohn an der Spitze soll künftig für die Gesetzgebung zuständig sein. Der Militärrat kündigte an, «die nationale Unabhängigkeit, die territoriale Integrität, die nationale Einheit und den Respekt internationaler Verträge und Abkommen» garantieren zu wollen.
Die 30 wichtigsten Oppositionsgruppierungen verurteilten die Massnahmen. Sie riefen die Bevölkerung auf, den «rechtswidrigen Entscheidungen» des Militärrats nicht zu folgen und auch Mahamat Idriss Déby nicht als ihren Staatschef anzuerkennen. Stattdessen forderten sie einen von «Zivilisten angeführten Übergang». An die internationale Gemeinschaft appellierten sie, «das tschadische Volk bei der Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu unterstützen».
Das Auswärtige Amt in Berlin rief das Militär im Tschad auf, einen friedlichen Übergang zu einer «neuen Ordnung im Rahmen der Verfassung» zu ermöglichen. «Wir werben dafür, dass der Tschad so schnell es geht zu einer verfassungsmässigen Ordnung zurückkommt», sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Mittwoch.
Sie sprach von einer «sehr unübersichtlichen Lage», die viele Fragen aufwerfe. «Wir sind in Sorge über diese Entwicklung», sagte sie und forderte alle Deutschen auf, den Tschad zu verlassen. Zudem sei eine Reisewarnung ausgesprochen worden.
Der getötete 68-jährige Déby war 1990 durch einen Putsch an die Macht gekommen - er galt als wichtiger Verbündeter des Westens im Kampf gegen Dschihadisten in der Sahel-Region. Gleichzeitig jedoch unterdrückte er zunehmend jede Opposition.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte seine Teilnahme an der Beerdigung von Déby am kommenden Freitag an. Die ehemalige Kolonialmacht hat derzeit mehr als 5000 Soldaten in der Sahelzone stationiert. Sie kämpfen dort gegen islamistische Gruppierungen, die auch den Tschad bedrohen.