Sri Lanka wartet auf offiziellen Präsidentenrücktritt
Auch am Tag nach seiner Flucht bleibt der vertriebene Premierminister Gotabaya Rajapaksa formell im Amt. Die politische Zukunft Sri Lankas bleibt unsicher.
Das Wichtigste in Kürze
- Gotabaya Rajapaksa bleibt formell Präsident Sri Lankas.
- Der Staatschef flüchtete nach dem Sturm des Präsidentenpalasts am Mittwoch.
- Der Inselstaat befindet sich in einer historischen Wirtschaftskrise.
Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa ist auch am Tag nach seiner Flucht formell zunächst weiter im Amt geblieben. Bis Donnerstagmittag (Ortszeit) lag die Rücktrittserklärung, die Rajapaksa eigentlich für Mittwoch versprochen hatte, laut Parlamentspräsident Mahinda Yapa Abeywardena nicht vor.
Der 73-jährige Staatschef war Mittwoch in einer Militärmaschine auf die Malediven geflohen. Demonstranten hatten am Wochenende unter anderem den Präsidentenpalast gestürmt. Anschliessend wurde der ebenfalls unpopuläre Premierminister Ranil Wickremesinghe übergangsweise zu seinem Nachfolger bestimmt.
42 Verletzte bei Protesten
Bei Protesten in der Nacht zu Donnerstag wurden nach Polizeiangaben 42 Menschen verletzt. Protestierende hätten es geschafft, ein Gewehr und Munition zu erbeuten, hiess es.
Eine nächtliche Ausgangssperre wurde um 5.00 Uhr (Ortszeit) aufgehoben, es gab am Donnerstagvormittag zunächst keine neuen Proteste. Die Demonstranten hielten über Nacht aber weiter die offiziellen Residenzen und Büros des Präsidenten sowie des Premierministers besetzt.
Am Donnerstag soll der Parlamentspräsident Vertreter der Opposition und Regierungspartei treffen. Dabei soll über die politische Zukunft und die Ernennung eines neuen Premierministers gesprochen werden.
Der gegenwärtige Premier und geschäftsführende Präsident Wickremesinghe bot an, von seinem Amt als Premier zurückzutreten. Die Abgeordneten des Parlaments sollen zudem am 20. Juli einen neuen Staatschef wählen.
Historische Wirtschaftskrise
Der Inselstaat südlich von Indien mit seinen 22 Millionen Einwohnern erlebt die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit von Grossbritannien 1948. Die Demonstrierenden protestieren, weil die Regierung ihr nicht Herr der Lage werden konnten. Es mangelt an Treibstoff, Gas zum Kochen, aber auch an Medikamenten und Lebensmitteln.
Grund dafür ist unter anderem, dass Einnahmen aus dem wichtigen Tourismus im Zuge der Corona-Pandemie eingebrochen sind. Dem stark verschuldeten Land fehlt das Geld, um wichtige Güter zu importieren.