Südafrika wählt ein neues Parlament – ANC droht Wahldebakel
Erstmals seit 1994 könnte der ANC bei den Parlamentswahlen in Südafrika seine absolute Mehrheit verlieren.
In Südafrika haben am Mittwochmorgen Parlamentswahlen begonnen. Erstmals läuft die Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) Gefahr, seit Einführung der Demokratie 1994 ihre absolute Mehrheit zu verlieren.
In den vergangenen 30 Jahren regierte die Partei des einstigen Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela allein. Umfragen zufolge soll der ANC diesmal unter die 50-Prozent-Marke fallen und eine Koalition eingehen müssen. Die Ergebnisse werden am Sonntag erwartet.
Als Grund für das absehbar schlechtere Abschneiden des ANC in dem Land mit 61 Millionen Einwohnern wird die schwache Regierungsbilanz angeführt: eine schwächelnde Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit und Armut, marode Staatsunternehmen, regelmässige Stromabschaltungen und Ausfälle in der Wasserversorgung, ein bröckelndes Gesundheitssystem sowie hohe Kriminalität und eine dysfunktionale Strafjustiz.
Korruption als Hauptproblem
Die politische Elite gilt als korrupt. Mitglieder von 52 Parteien konkurrieren am Mittwoch um die 400 Sitze des Nationalparlaments. Auch Provinzregierungen werden neu gewählt. Von den 40,1 Millionen Wahlberechtigten haben sich 27,4 Millionen oder etwa 68 Prozent registriert.
Sie können von 7.00 bis 21.00 Uhr ihre Stimme abgeben. Das neugewählte Parlament muss innerhalb von 14 Tagen nach Verkündung der Ergebnisse eine Regierung bilden und einen Präsidenten wählen.
Die grösste Konkurrenz für den ANC ist die wirtschaftsliberale Democratic Alliance (DA). Sie regiert bereits das Westkap, in der sich die Touristenmetropole Kapstadt befindet, auf Landesebene.
Neue politische Kräfte
Auch die marxistisch geprägte Economic Freedom Fighters (EFF) Partei, die vom ehemaligen Vorsitzenden des ANC Jugendverbands, Julius Malema, angeführt wird, macht dem ANC Konkurrenz. Dazu kommt ein Neuling in der politischen Szene, der schnell an Popularität gewonnen hat – die von Ex-Präsident Jacob Zuma angeführte Umkhonto we Sizwe (MK) Partei.
Die Wahlen sind auch für Deutschland und Europa relevant. Südafrika ist die grösste Volkswirtschaft und ein politisches Schwergewicht auf dem Kontinent. Es gilt als «Tor zu Afrika», als Zugangsland zu einem Kontinent, der aufgrund seiner für die Energiewende wichtigen Rohstoffvorkommen international immer wichtiger wird.
Obwohl Südafrika gute Beziehungen zu westlichen Ländern aufrechterhält, ist die Regierung eng mit Russland und China verbunden. Im Gaza-Krieg vertritt Südafrika eine starke propalästinensische Position. Es hat vor dem Internationalen Gerichtshof Klage gegen Israel wegen Völkermords im Gazastreifen erhoben.